Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1872. (6)

— 195 — 
Siebenter Abschnitt. 
Mißbrauch der Dienstgewalt. 
§. 114. 
Wer seine Dienstgewalt über einen Untergebenen zu Befehlen oder For- 
derungen, die in keiner Beziehung zum Dienste stehen, oder zu Privatzwecken 
mißbraucht, ingleichen wer von dem Untergebenen Geschenke fordert, von ihm, 
ohne Vorwissen des gemeinschaftlichen Vorgesetzten, Geld borgt oder Geschenke 
annimmt, oder den Untergebenen sonst durch seine dienstliche Stellung veranlaßt, 
gegen ihn Verbindlichkeiten einzugehen, die demselben nachtheilig sind oder auf 
das Egenseitige Dienstverhältniß von nachtheiligem Einflusse sein können, wird 
mit Gefängniß oder Festungshaft bis zu zwei Jahren, in minder schweren Fällen 
mit Arrest bestraft. 
In schwereren Fällen, insbesondere im Rückfalle, kann zugleich auf Dienst- 
entlassung oder Degradation erkannt werden. 
§. 115. 
Wer durch Mißbrauch seiner Dienstgewalt oder seiner dienstlichen Stellung 
einen Untergebenen zu einer von demselben begangenen, mit Strafe bedrohten 
Handlung vorsätzlich bestimmt hat, wird als Thäter oder als Anstifter mit 
erhöhter Strafe belegt. §. 116 
Wer es unternimmt, durch Mißbrauch seiner Dienstgewalt oder seiner 
dienstlichen Stellung einen Untergebenen zur Begehung einer mit Strafe be- 
drohten Handlung zu bestimmen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu Einem Jahre bestraft. 
§. 117. 
Ein Vorgesetzter, welcher einen oder mehrere Untergebene mit Androhung 
nachtheiliger Folgen oder durch andere widerrechtliche Mittel von dem Führen 
oder Verfolgen von Beschwerden abzuhalten sucht, oder eine an ihn vorschrifts- 
mäßig gelangte Beschwerde, zu deren Weiterbeförderung oder Untersuchung er 
verpflichtet ist, unterdrückt oder zu unterdrücken versucht, wird mit Freiheitsstrafe 
bis zu fünf Jahren bestraft; zugleich kann auf Dienstentlassung oder Degradation 
erkannt werden. §. 18. 
Wer vorsätzlich seine Strafbefugnisse überschreitet, insbesondere wer wissent- 
lich unverdiente oder unerlaubte Strafen verhängt, wird mit Gefängniß bis zu 
fünf Jahren bestraft; zugleich kann auf Dienstentlassung erkannt werden. 
§. 119. 
Wer vorsätzlich einen gesetzwidrigen Einfluß auf die Rechtspflege ausübt, 
wird mit Gefängniß bis zu fänf Jahren bestraft; zugleich kann auf Dienstent- 
lassung oder Degradation erkannt werden. 
In minder schweren Fällen ist auf Festungshaft bis zu fünf Jahren zu 
erkennen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.