Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1872. (6)

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§. 8. 
Besondere Bestimmungen für Staatsdepeschen. 
Staatsdepeschen können in beliebiger Sprache, auch chiffrirt, aufgegeben 
werden. Sie müssen als Staatsdepeschen bezeichnet und durch Siegel oder 
Stempel als solche beglaubigt sein. 
Die Zusatzbestimmung zu § 9 gilt auch für Staatsdepeschen. 
§. 9. 
Besondere Bestimmungen für Privatdepeschen. 
Bei Privatdepeschen ist die Fassung in der Landessprache Regel. Sie 
können überdies in jeder anderen als zulässig bezeichneten Sprache abgefaßt sein. 
Geheime Privatdepeschen sind gestattet, wenn sie zwischen Stationen zweier 
Staaten gewechselt werden, welche diese Art von Korrespondenz zulassen*). 
Die semaphorischen Depeschen müssen entweder in der Sprache des Landes, 
in welchem die semaphorische Station, welche die Beförderung der Depesche an 
das Adreßschiff zu besorgen hat, gelegen ist, oder in Zeichen des allgemeinen 
Handelskodex abgefaßt sein**). 
Depeschen welche nur Börsenkurse, Waaren- und Getreidepreise etc. ent- 
halten, werden nicht als geheime Depeschen angesehen (cfr. § 7. 2b.). 
Für Depeschen, welche streckenweise oder ausschliesslich 
durch Telegraphen der innerhalb des deutschen Reichs-Telegraphen- 
gebietes gelegenen Eisenbahnen zu befördern sind, ist die Fassung 
in deutscher Sprache Bedingung, soweit nicht für einzelne Bahnen 
und Stationen der Gebrauch fremder Sprachen ausdrücklich nach- 
gegeben wird. 
§. 10. 
Kontrole der Depeschen. 
Der Aufsgeber einer Privatdepesche ist verpflichtet, auf desfallsiges Ver- 
langen die Aechtheit der Unterschrift seiner Depesche nachzuweisen. 
Privatdepeschen, deren Inhalt gegen die Gesetze verstößt oder aus Rücksichten 
des öffentlichen Wohles oder der Sittlichkeit für unzulässig erachtet wird, werden 
zurückgewiesen. 
Die Entscheidung über die Zulässigkeit des Inhalts steht dem Vorsteher 
der Aufgabestation, beziehungsweise der Zwischen- oder Adreßstation, oder dessen 
Stellvertreter, und in zweiter Instanz der dieser Station vorgesetzten Central- 
verwaltung zu, gegen deren Entscheidung ein Rekurs nicht stattfindet. 
Bei Staatsdepeschen steht den Telegraphenstationen eine Kontrole der Zu- 
lässigkeit des Inhalts nicht zu. 
*) Bis jetzt sind geheime Privatdepeschen nicht zugelassen: von Frankreich, Oesterreich-Ungarn, 
Persien, Rumänien, Serbien und Spanien. 
**) Diese Zeichen entsprechen den 18 Konsonanten: B, C, D, F, G, H. J, K, L, M, N, P, O, 
R, S, T, V, W. Keine Gruppe darf mehr als 4 solcher Konsonanten enthalten. 
Die von einem auf dem Meere befindlichen Schiffe kommenden Depeschen werden in Zeichen des 
Handelskodex an die Bestimmungsstation weiter befördert, wenn das absendende Schiff es verlangt hat. Wenn 
dies Verlangen nicht gestellt worden ist, so werden die Depeschen durch den Vorstand der semaphorischen 
Station in die gewöhnliche Sprache übersetzt und in solcher an die Bestimmungsstation weiterbefördert.
	        
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