Reichs-Gesetzblatt.
Nr. 33.
(Nr. 892.) Seemannsordnung. Vom 27. Dezember 1872.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König
von Preußen etc.
verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des
Bundesrathes und des Reichstages, was folgt:
Erster Abschnitt.
Einleitende Bestimmungen.
§. 1.
Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf alle Kauffahrteischiffe (Gesetz
vom 25. Oktober 1867 §. 1, Bundesgesetzblatt S. 35) Anwendung, welche das
Recht, die Reichsflagge zu führen, ausüben dürfen.
§. 2
Schiffer im Sinne dieses Gesetzes ist der Führer des Schiffes (Schiffs-
kapitän), in Ermangelung oder Verhinderung desselben dessen Stellvertreter.
§. 3.
Zur "Schiffsmannschaft" ("Mannschaft") werden auch die Schiffsoffiziere
mit Ausschluß des Schiffers gerechnet, desgleichen ist unter „Schiffsmann“ auch
jeder Schiffsofftzier mit Ausnahme des Schiffers zu verstehen.
Personen, welche, ohne zur Schiffsmannschaft zu gehören, auf einem Schiffe
als Maschinisten, Aufwärter, oder in anderer genschaft angestellt sind, haben
dieselben Rechte und Pflichten, welche in diesem Gesetze in Ansehung der Schiffs-
mannschaft festgesetzt sind. Es macht hierbei keinen Unterschied, ob sie von dem
Schiffer oder von dem Rheder angenommen worden sind.
§. 4.
Seemannsämter sind innerhalb des Bundesgebiets die Musterungs-
behörden der einzelnen Bundesstaaten und im Auslande die Konsulate des
Deutschen Reichs.
Die Errichtung der Musterungsbehörden innerhalb des Bundesgebiets steht
den Landesregierungen nach Maßgabe der Landesgesetze zu. Die Geschäftsführung
derselben unterliegt der Oberaufsicht des Reichs.
Reichs-Gesetzbl. 1872. 59
Ausgegeben zu Berlin den 31. Dezember 1872.