— 34 —
Eltern, Pflegeeltern und Vormünder, deren Kinder und Pflegebefohlene
ohne gesetzlichen Grund und trotz erfolgter amtlicher Aufforderung der Impfung
oder der ihr folgenden Gestellung (§. 5) entzogen geblieben sind, werden mit
Geldstrafe bis zu fünfzig Mark oder mit Haft bis zu drei Tagen bestraft.
§. 15.
Aerzte und Schulvorsteher, welche den durch §. 8 Absatz 2, §. 7 und durch
§. 13 ihnen auferlegten Verpflichtungen nicht nachkommen, werden mit Geldstrafe
bis zu einhundert Mark bestraft.
§. 16.
Wer unbefugter Weise (§. 8) Impfungen vornimmt, wird mit Geldstrafe
bis zu einhundertfünfzig Mark oder mit Haft bis zu vierzehn Tagen bestraft.
§. 17.
Wer bei der Ausführung einer Impfung fahrlässig handelt, wird mit
Geldstrafe bis zu fünfhundert Mark oder mit Gefängnißstrafe bis zu drei Mo-
naten bestraft, sofern nicht nach dem Strafgesetzbuch eine härtere Strafe eintritt.
§. 18.
Die Vorschriften dieses Gesetzes treten mit dem 1. April 1875 in Kraft.
Die einzelnen Bundesstaaten werden die zur Ausführung erforderlichen
Bestimmungen treffen.
Die in den einzelnen Bundesstaaten bestehenden Bestimmungen über
Zwangsimpfungen bei dem Ausbruch einer Pocken-Epidemie werden durch dieses
Gesetz nicht berührt.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem
Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Berlin, den 8. April 1874.
(L. S.) Wilhelm.
Fürst v. Bismarck.
Herausgegeben im Reichskanzler-Amte.
Berlin, gedruckt in der Königlichen Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei
(R. v. Decker).