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Reichs-Gesetzblatt.
№ I4.
Inhalt: Gesetz, betreffend die Verhinderung der unbefugten Ausübung von Kirchenämtern. S. 43.
(Nr. 1001.) Gesetz, betreffend die Verhinderung der unbefugten Ausübung von Kirchen-
ämtern. Vom 4. Mai 1874.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König
von Preußen etc.
verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des
Bundesraths und des Reichstags, was folgt:
§. 1.
Einem Geistlichen oder anderen Religionsdiener, welcher durch gerichtliches
Urtheil aus seinem Amte entlassen worden ist und hierauf eine Handlung vor-
nimmt, aus welcher hervorgeht, daß er die Fortdauer des ihm entzogenen Amtes
beansprucht, kann durch Verfügung der Landespolizeibehörde der Aufenthalt in
bestimmten Bezirken oder Orten versagt oder angewiesen werden.
Besteht die Handlung desselben in der ausdrücklichen Anmaßung des Amtes,
oder in der thatsächlichen Ausübung desselben, oder handelt er der gegen ihn er-
gangenen Verfügung der Landespolizeibehörde zuwider, so kann er seiner Staats-
angehörigkeit durch Verfügung der Centralbehörde seines Heimathsstaats verlustig
erklärt und aus dem Bundesgebiete ausgewiesen werden.
§. 2.
Die Vorschriften des §. 1 finden auch auf diejenigen Personen Anwen-
dung, welche wegen Vornahme von Amtshandlungen in einem Kirchenamte, das
den Vorschriften der Staatsgesetze zuwider ihnen übertragen, oder von ihnen
übernommen ist, rechtskräftig zu Strafe verurtheilt worden sind.
§. 3.
In der Verfügung (§§. 1, 2) sind die Gründe der angeordneten Maß-
regel anzugeben.
Behauptet der Betroffene, daß er die ihm zur Last gelegten Handlungen
nicht begangen habe, oder daß dieselben den im §. 1 bezeichneten Thatbestand
nicht enthalten, so steht ihm binnen acht Tagen nach Zustellung der Verfügung
die Berufung auf richterliches Gehör offen.
Reichs-Gesetzbl. 1874. 14
Ausgegeben zu Berlin den 6. Mai 1874.