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(Nr. 1257.) Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige. Vom 30. Juni 1878.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König
von Preußen etc.
verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths
und des Reichstags, was folgt: 6
§. 1.
In den vor die ordentlichen Gerichte gehörigen Rechtssachen, auf welche
die Civilprozeßordnung, die Strafprozeßordnung oder die Konkursordnung
Anwendung findet, erhalten die Zeugen und Sachverständigen Gebühren nach
Maßgabe der folgenden Bestimmungen.
§. 2.
Der Zeuge erhält eine Entschädigung für die erforderliche Zeitversäumniß
im Betrage von zehn Pfennig bis zu einer Mark auf jede angefangene Stunde.
Die Entschädigung ist unter Berücksichtigung des von dem Zeugen ver-
säumten Erwerbes zu bemessen und für jeden Tag auf nicht mehr als zehn
Stunden zu gewähren.
Personen, welche durch gemeine Handarbeit, Handwerksarbeit oder gerin-
geren Gewerbebetrieb ihren Unterhalt suchen, oder sich in gleichen Verhältnissen
mit solchen Personen befinden, erhalten die nach dem geringsten Satze zu bemes-
sende Entschädigung auch dann, wenn die Versäumniß eines Erwerbes nicht
stattgefunden hat.
§. 3
Der Sachverständige erhält für seine Leistungen eine Vergütung nach
Maßgabe der erforderlichen Zeitversäumniß im Betrage bis zu zwei Mark auf
jede angefangene Stunde.
Die Vergütung ist unter Berücksichtigung der Erwerbsverhältnisse des
Sachverständigen zu bemessen und für jeden Tag auf nicht mehr als zehn
Stunden zu gewähren.
Außerdem sind dem Sachverständigen die auf die Vorbereitung des Gut-
achtens verwendeten Kosten, sowie die für eine Untersuchung verbrauchten Stoffe
und Werkzeuge zu vergüten.
§. 4.
Bei schwierigen Untersuchungen und Sachprüfungen ist dem Sachverstän-
digen auf Verlangen für die aufgetragene Leistung eine Vergütung nach dem
üblichen Preise derselben und für die außerdem stattfindende Theilnahme an
Terminen die im §. 3 bestimmte Vergütung zu gewähren.
Reichs-Gesetzbl. 1878. 36