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Kinder, welche zum Besuche der Volksschule verpflichtet sind, dürfen in
Fabriken nur dann beschäftigt werden, wenn sie in der Volksschule oder in einer
von der Schulaufsichtsbehörde genehmigten Schule und nach einem von ihr ge-
nehmigten Lehrplane einen regelmäßigen Unterricht von mindestens drei Stunden
täglich genießen.
Junge Leute zwischen vierzehn und sechszehn Jahren dürfen in Fabriken
nicht länger als zehn Stunden täglich beschäftigt werden.
Wöchnerinnen dürfen während drei Wochen nach ihrer Niederkunft nicht
beschäftigt werden.
§. 136.
Die Arbeitsstunden der jugendlichen Arbeiter (§. 135) dürfen nicht vor
5 1/2 Uhr Morgens beginnen und nicht über 8 1/2 Uhr Abends dauern. Zwischen
den Arbeitsstunden müssen an jedem Arbeitstage regelmäßige Pausen gewährt
werden. Die Pausen müssen für Kinder eine halbe Stunde, für junge Leute
zwischen vierzehn und sechszehn Jahren Mittags eine Stunde, sowie Vormittags
und Nachmittags je eine halbe Stunde mindestens betragen.
Während der Pausen darf den jugendlichen Arbeitern eine Beschäftigung
in dem Fabrikbetriebe überhaupt nicht und der Aufenthalt in den Arbeitsräumen
nur dann gestattet werden, wenn in denselben diejenigen Theile des Betriebes,
in welchen jugendliche Arbeiter beschäftigt sind, für die Zeit der Pausen völlig
eingestellt werden.
. An Sonn- und Festtagen, sowie während der von dem ordentlichen
Seelsorger für den Katechumenen- und Konfirmanden-, Beicht- und Kom-
munion-Unterricht bestimmten Stunden dürfen jugendliche Arbeiter nicht be-
schäftigt werden.
§. 137.
Die Beschäftigung eines Kindes in Fabriken ist nicht gestattet, wenn dem Arbeit-
geber nicht zuvor für dasselbe eine Arbeitskarte eingehändigt ist. Dasselbe gilt hin-
sichtlich der noch zum Besuche der Volksschule verpflichteten jungen Leute zwischen vier-
zehn und sechszehn Jahren. Eines Arbeitsbuches bedarf es in diesem Falle nicht.
Die Arbeitskarten werden auf Antrag oder mit Zustimmung des Vaters
oder Vormundes durch die Ortspolizeibehörde kosten- und stempelfrei ausgestellt;
ist die Erklärung des Vaters nicht zu beschaffen, so kann die Gemeindebehörde
die Zustimmung desselben ergänzen. Sie haben den Namen, Tag und Jahr
der Geburt, sowie die Religion des Kindes, den Namen, Stand und letzten
Wohnort des Vaters oder Vormundes und außerdem die zur Erfüllung der
gesetzlichen Schulpflicht (§. 135) getroffenen Einrichtungen anzugeben.
Der Arbeitgeber hat die Arbeitskarte zu verwahren, auf amtliches Ver-
langen jederzeit vorzulegen und am Ende des Arbeitsverhältnisses dem Vater oder
Vormund wieder auszuhändigen. Ist die Wohnung des Vaters nicht zu er-
mitteln, so erfolgt die Zustellung der Arbeitskarte an die Mutter oder den sonstigen
nächsten Angehörigen des Kindes.