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Artikel IX.
Die Generalkonsuln, Konsuln und ihre Kanzler, sowie die Vizekonsuln und
Konsularagenten haben das Recht, in ihrer Kanzlei sowohl als auch in der Wohnung
der Betheiligten diejenigen Erklärungen aufzunehmen, welche die Reisenden, Handel-
treibende und alle sonstigen Angehörigen des Staates, der sie ernannt hat, ab-
zugeben haben.
Sie können außerdem, soweit sie nach den Gesetzen dieses Staates dazu er-
mächtigt sind, alle letztwilligen Verfügungen von Angehörigen des Staates, der
sie ernannt hat, aufnehmen und beurkunden.
In gleicher Weise können sie alle anderen diese Angehörigen betreffenden
Rechtshandlungen aufnehmen und beurkunden, sowie alle Rechtshandlungen, bei
welchen neben solchen Angehörigen Angehörige oder sonstige Einwohner des Landes,
in welchem sie ihren Amtssitz haben, betheiligt sind. Bezieht sich jedoch die Rechts-
handlung auf eine Angelegenheit, welche in dem Staate ihres Amtssitzes zur Er-
ledigung kommen soll, so sind die Konsularbeamten zur Aufnahme und Beur-
kundung nur berechtigt, wenn die fragliche Handlung nach den Gesetzen dieses
Staates zu dem Geschäftskreise der daselbst zur Aufnahme und Beurkundung von
Rechtshandlungen berufenen Beamten (in Deutschland der Notare) gehört. Auch
muß die Handlung, falls sie die Bestellung einer Hypothek oder ein anderes Rechts-
geschäft hinsichtlich eines unbeweglichen Gegenstandes betrifft, welcher in dem Staate
des Amtssitzes des Konsularbeamten belegen ist, in den durch die Gesetze dieses
Staates vorgeschriebenen Formen und unter Beobachtung der sonstigen Bestim-
mungen dieser Gesetze abgefaßt werden.
Zur Aufnahme und Beurkundung von Rechtshandlungen, an welchen aus-
schließlich Angehörige des Staates, in welchem die Konsularbeamten ihren Amts-
sitz haben, oder eines dritten Staates betheiligt sind, sind diese Beamten nach Maßgabe
der Gesetze des Staates, welcher sie ernannt hat, dann befugt, wenn die Rechts-
handlungen in diesem Staate befindliche bewegliche oder unbewegliche Gegenstände
oder Angelegenheiten betreffen, welche dort zur Erledigung kommen sollen.
Die Konsularbeamten können auch jede Art von Verhandlungen und Schrift-
stücken, welche von einer Behörde oder einem Beamten des Staates, der sie er-
nannt hat, ausgegangen sind, übersetzen und beglaubigen.
Alle vorerwähnten Urkunden, sowie die Abschriften, Auszüge oder Ueber-
setzungen solcher Urkunden sollen, wenn sie durch die gedachten Konsularbeamten
vorschriftsmäßig beglaubigt und mit dem Amtssiegel der Konsularbehörde versehen
sind, in jedem der beiden Staaten dieselbe Kraft und Geltung haben, als wenn
sie vor einem Notar oder anderen öffentlichen oder gerichtlichen, in dem einen
oder dem anderen der beiden Staaten zuständigen Beamten aufgenommen wären,
mit der Maßgabe, daß sie dem Stempel, der Registrirung oder jeder anderen
in dem Staate, in welchem sie zur Ausführung gelangen sollen, bestehenden Taxe
oder Auflage unterworfen sind. Wenn gegen die Genauigkeit oder die Echtheit
Reichs- Gesetzbl. 1883. — 14