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teien und Bindung des Prozeßgerichts an die von ihm getroffene
Entscheidung“, weil sie der formellen Rechtskraft nicht fähig
sind °. Denn nur diejenigen gerichtlichen Verfügungen der frei-
willigen Gerichtsbarkeit, welche der Anfechtung durch sofortige
Beschwerde unterliegen, welche ihrerseits an die Einhaltung einer
zweiwöchigen Ausschlußfrist gebunden ist ($ 22, I FGG.), können
in formelle Rechtskraft erwachsen. Zu diesen gehört aber die
Bestellungsverfügung nicht; sie kann mit der fristlosen Beschwerde
angegriffen werden. Kann sie somit der formellen Rechtskraft
nicht teilhaftig werden, da ein Bechtsmittelverlust durch Fristab-
lauf nicht eintritt ($ 19 FGG.), so ist ihr auch die materielle
Rechtskraft abzusprechen. Denn jene ist conditio sine qua non
für diese”. Dazu kommt, daß es an einer gesetzlichen Vorschrift
darüber fehlt, daß die bindende Kraft der staatlichen Entschei-
dung gegenüber den Beteiligten auch den Verfügungen der frei-
willigen Gerichtsbarkeit zukommt. So herrscht naturgemäß in der
Wissenschaft, die sich hier selber überlassen ist, arge Fehde über
die Zulässigkeit der Einführung dieses für das Zivilurteil erfunde-
nen Begriffs in das Verfahren vor den Gerichten der FGG. Wäh-
rend OETKER°® und auch SIMEON°? den Begriff der materiellen
hechtskraft der allgemeinen Rechtslehre zuweisen, wird insbeson-
dere von SCHNEIDER® und JOSEF®! eine MR. der Entscheidungen
in der freiwilligen Gerichtsbarkeit iiberhaupt geleugnet. —
Steht somit die Möglichkeit einer materiell ungerechtfertigten
Vormundsbestellung fest, so haben wir uns nunmehr mit den
einzelnen in Frage kommenden Fällen zu be-
schäftigen. W. JELLINEK® u.a. haben uns gelehrt, die Tä-
56 SpAHN S. 166 (ohne nähere Begründung).
5” KUTTNER, Nebenwirkungen 8. 5.
68 ÜETKER a. a. O. 8. 30.
59 Simkon a. a. O. 8. 103.
60 SCHNEIDER in ZZP. Bd. 29, S. 152 ff., der insbesondere den Nachweis
erbringt, daß Rechtskraft im $31 FGG. nur im formellen Sinne zu fassen ist.
eı Joser in ZZP. 31, 71.
e2 W. JELLINEK S. 5; zum folgenden ist insbesondere zu vergleichen
S. 40 ff.