Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1896. (30)

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Ist die Forderung im Gewerbebetriebe des Gläubigers entstanden, so tritt, 
wenn der Gläubiger seine gewerbliche Niederlassung an einem anderen Orte hat, der 
Ort der Niederlassung an die Stelle des Wohnsitzes. 
Erhöhen sich in Folge einer nach der Entstehung des Schuldverhältnisses ein- 
tretenden Aenderung des Wohnsitzes oder der gewerblichen Niederlassung des Gläubigers 
die Kosten oder die Gefahr der Uebermittelung, so hat der Gläubiger im ersteren 
Falle die Mehrkosten, im letzteren Falle die Gefahr zu tragen. 
Die Vorschriften über den Leistungsort bleiben unberührt. 
§. 271. 
Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu 
entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie 
sofort bewirken. 
Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß der Gläubiger die 
Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann. 
§. 272. 
Bezahlt der Schuldner eine unverzinsliche Schuld vor der Fälligkeit, so ist 
er zu einem Abzuge wegen der Zwischenzinsen nicht berechtigt. 
§. 273. 
Hat der Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältniß, auf dem seine Ver- 
pflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger, so kann er, sofern 
nicht aus dem Schuldverhältnisse sich ein Anderes ergiebt, die geschuldete Leistung ver- 
weigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird (Zurückbehaltungsrecht). 
Wer zur Herausgabe eines Gegenstandes verpflichtet ist, hat das gleiche Recht, 
wenn ihm ein fälliger Anspruch wegen Verwendungen auf den Gegenstand oder wegen 
eines ihm durch diesen verursachten Schadens zusteht, es sei denn, daß er den Gegen- 
stand durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung erlangt hat. 
Der Gläubiger kann die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts durch Sicherheits- 
leistung abwenden. Die Sicherheitsleistung durch Bürgen ist ausgeschlossen. 
§. 274. 
Gegenüber der Klage des Gläubigers hat die Geltendmachung des Zurück- 
behaltungsrechts nur die Wirkung, daß der Schuldner zur Leistung gegen Empfang 
der ihm gebührenden Leistung (Erfüllung Zug um Zug) zu verurtheilen ist. 
Auf Grund einer solchen Verurtheilung kann der Gläubiger seinen Anspruch 
ohne Bewirkung der ihm obliegenden Leistung im Wege der Zwangsvollstreckung ver- 
folgen, wenn der Schuldner im Verzuge der Annahme ist. 
§. 275. 
Der Schuldner wird von der Verpflichtung zur Leistung frei, soweit die Leistung 
in Folge eines nach der Entstehung des Schuldverhältnisses eintretenden Umstandes, 
den er nicht zu vertreten hat, unmöglich wird.
	        
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