Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1896. (30)

— 343 — 
Wird dem Besitzer eines Grundstücks der Besitz durch verbotene Eigenmacht 
entzogen, so darf er sofort nach der Entziehung sich des Besitzes durch Entsetzung 
des Thäters wiederbemächtigen. 
Die gleichen Rechte stehen dem Besitzer gegen denjenigen zu, welcher nach 
§. 858 Abs. 2 die Fehlerhaftigkeit des Besitzes gegen sich gelten lassen muß. 
§. 860. 
Zur Ausübung der dem Besitzer nach §. 859 zustehenden Rechte ist auch der- 
jenige befugt, welcher die thatsächliche Gewalt nach §. 855 für den Besitzer ausübt. 
§. 861. 
Wird der Besitz durch verbotene Eigenmacht dem Besitzer entzogen, so kann 
dieser die Wiedereinräumung des Besitzes von demjenigen verlangen, welcher ihm 
gegenüber fehlerhaft besitzt. 
Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der entzogene Besitz dem gegenwärtigen 
Besitzer oder dessen Rechtsvorgänger gegenüber fehlerhaft war und in dem letzten 
Jahre vor der Entziehung erlangt worden ist. 
§. 862. 
Wird der Besitzer durch verbotene Eigenmacht im Besitze gestört, so kann er 
von dem Störer die Beseitigung der Störung verlangen. Sind weitere Störungen 
zu besorgen, so kann der Besitzer auf Unterlassung klagen. 
Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Besitzer dem Störer oder dessen 
Rechtsvorgänger gegenüber fehlerhaft besitzt und der Besitz in dem letzten Jahre vor 
der Störung erlangt worden ist. 
§. 863. 
Gegenüber den in den §§. 861, 862 bestimmten Ansprüchen kann ein Recht zum 
Besitz oder zur Vornahme der störenden Handlung nur zur Begründung der Be- 
hauptung geltend gemacht werden, daß die Entziehung oder die Störung des Besitzes 
nicht verbotene Eigenmacht sei. 
§. 864. 
Ein nach den §§. 861, 862 begründeter Anspruch erlischt mit dem Ablauf 
eines Jahres nach der Verübung der verbotenen Eigenmacht, wenn nicht vorher der 
Anspruch im Wege der Klage geltend gemacht wird. 
Das Erlöschen tritt auch dann ein, wenn nach der Verübung der verbotenen 
Eigenmacht durch rechtskräftiges Urtheil festgestellt wird, daß dem Thäter ein Recht 
an der Sache zusteht, vermöge dessen er die Herstellung eines seiner Handlungsweise 
entsprechenden Besitzstandes verlangen kann. 
§. 865. 
Die Vorschriften der §§. 858 bis 864 gelten auch zu Gunsten desjenigen, 
welcher nur einen Theil einer Sache, insbesondere abgesonderte Wohnräume oder 
andere Räume, besitzt.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.