Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1896. (30)

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den Umständen nach offenbar unmöglich ist, daß die Frau das Kind von dem 
Manne empfangen hat. 
Es wird vermuthet, daß der Mann innerhalb der Empfängnißzeit der Frau 
beigewohnt habe. Soweit die Empfängnißzeit in die Zeit vor der Ehe fällt, gilt 
die Vermuthung nur, wenn der Mann gestorben ist, ohne die Ehelichkeit des Kindes 
angefochten zu haben. 
§. 1592. 
Als Empfängnißzeit gilt die Zeit von dem einhunderteinundachtzigsten bis zu 
dem dreihundertundzweiten Tage vor dem Tage der Geburt des Kindes, mit Ein- 
schluß sowohl des einhunderteinundachtzigsten als des dreihundertundzweiten Tages. 
Steht fest, daß das Kind innerhalb eines Zeitraums empfangen worden ist, 
der weiter als dreihundertundzwei Tage vor dem Tage der Geburt zurückliegt, so 
gilt zu Gunsten der Ehelichkeit des Kindes dieser Zeitraum als Empfängnißzeit. 
g. 1593. 
Die Unehelichkeit eines Kindes, das während der Ehe oder innerhalb drei- 
hundertundzwei Tagen nach der Auflösung der Ehe geboren ist, kann nur geltend 
gemacht werden, wenn der Mann die Ehelichkeit angefochten hat oder, ohne das 
Anfechtungsrecht verloren zu haben, gestorben ist. 
§. 1594. 
Die Anfechtung der Ehelichkeit kann nur binnen Jahresfrist erfolgen. 
Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Mann die Geburt des 
Kindes erfährt. 
Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften 
der §§. 203, 206 entsprechende Anwendung. 
§. 1595. 
Die Anfechtung der Ehelichkeit kann nicht durch einen Vertreter erfolgen. Ist 
der Mann in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er nicht der Zustimmung 
seines gesetzlichen Vertreters. 
Für einen geschäftsunfähigen Mann kann sein gesetzlicher Vertreter mit Ge- 
nehmigung des Vormundschaftsgerichts die Ehelichkeit anfechten. Hat der gesetzliche 
Vertreter die Ehelichkeit nicht rechtzeitig angefochten, so kann nach dem Wegfalle der 
Geschäftsunfähigkeit der Mann selbst die Ehelichkeit in gleicher Weise anfechten, wie 
wenn er ohne gesetzlichen Vertreter gewesen wäre. 
§. 1596. 
Die Anfechtung der Ehelichkeit erfolgt bei Lebzeiten des Kindes durch Erhebung 
der Anfechtungsklage. Die Klage ist gegen das Kind zu richten. 
Wird die Klage zurückgenommen, so ist die Anfechtung als nicht erfolgt an- 
zusehen. Das Gleiche gilt, wenn der Mann vor der Erledigung des Rechtsstreits 
das Kind als das seinige anerkennt.
	        
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