Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1896. (30)

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dachten eine Verfügung zu Gunsten einer Person getroffen wird, die mit dem anderen 
Ehegatten verwandt ist oder ihm sonst nahe steht. 
Auf andere Verfügungen als Erbeinsetzungen, Vermächtnisse oder Auflagen 
findet die Vorschrift des Abs. 1 keine Anwendung. 
§. 2271. 
Der Widerruf einer Verfügung, die mit einer Verfügung des anderen Ehe- 
gatten in dem im §. 2270 bezeichneten Verhältnisse steht, erfolgt bei Lebzeiten der 
Ehegatten nach den für den Rücktritt von einem Erbvertrage geltenden Vorschriften 
des §. 2296. Durch eine neue Verfügung von Todeswegen kann ein Ehegatte bei 
Lebzeiten des anderen seine Verfügung nicht einseitig aufheben. 
Das Recht zum Widerruf erlischt mit dem Tode des anderen Ehegatten; der 
Ueberlebende kann jedoch seine Verfügung aufheben, wenn er das ihm Zugewendete 
ausschlägt. Auch nach der Annahme der Zuwendung ist der Ueberlebende zur Auf- 
hebung nach Maßgabe des §. 2294 und des §. 2336 berechtigt. 
Ist ein pflichttheilsberechtigter Abkömmling der Ehegatten oder eines der Ehe- 
gatten bedacht, so findet die Vorschrift des §. 2289 Abs. 2 entsprechende Anwendung. 
§. 2272. 
Ein gemeinschaftliches Testament kann nach §. 2256 nur von beiden Ehegatten 
zurückgenommen werden. 
§. 2273. 
Bei der Eröffnung eines gemeinschaftlichen Testaments sind die Verfügungen 
des überlebenden Ehegatten, soweit sie sich sondern lassen, weder zu verkünden noch 
sonst zur Kenntniß der Betheiligten zu bringen. Von den Verfügungen des ver- 
storbenen Ehegatten ist eine beglaubigte Abschrift anzufertigen. Das Testament ist 
wieder zu verschließen und in die besondere amtliche Verwahrung zurückzubringen. 
Vierter Abschnitt. 
Erbvertrag. 
§. 2274. 
Der Erblasser kann einen Erbvertrag nur persönlich schließen. 
§. 2275. 
Einen Erbvertrag kann als Erblasser nur schließen, wer unbeschränkt geschäfts- 
fähig ist. 
Ein Ehegatte kann als Erblasser mit seinem Ehegatten einen Erbvertrag 
schließen, auch wenn er in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist. Er bedarf in diesem 
Falle der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters; ist der gesetzliche Vertreter ein 
Vormund, so ist auch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich. 
Die Vorschriften des Abs. 2 gelten auch für Verlobte.
	        
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