— 79 —
§. 73.
Beschwerden über die Anordnungen der Besichtiger und des Arztes, ins-
besondere über die Versagung der Genehmigung zur Einschiffung der Auswanderer,
sind bei der Auswanderungsbehörde anzubringen und von dieser sofort — zum
Mindesten vorläufig — zu entscheiden.
§. 74.
Die Auswanderungsbehörde kann die den Besichtigern und dem Unter-
suchungsarzt obliegenden Verrichtungen selbst ausüben.
§. 75.
Für Schiffe, welche vor dem 1. Juli 1897 in Bau gegeben worden sind,
treten für schon vorhandene Einrichtungen folgende Erleichterungen ein:
1. Die Bestimmungen über die Einrichtung wasserdichter Schotten im §.1
Absatz 3 und im §. 58 Absatz 2 Ziffer 1 finden keine Anwendung.
2. Es genügt je eine Treppe für zweihundert Reisende (§. 9).
3. Die Einzelkoje braucht nur 0,50 Meter, die Doppelkoje nur 1 Meter
breit zu sein (§. 13).
4. Die Kojen in den Krankenräumen dürfen ganz von Holz sein. Die
oberen Kojen brauchen nicht zum Aufklappen eingerichtet zu sein. Von
der Erfüllung der Anforderungen hinsichtlich der Breite der Thür und
der benachbarten Lage von Abtritten und einer besonderen Bade-
einrichtung kann abgesehen werden (§. 22).
5. Die vorgeschriebenen Boote müssen mindestens zur Hälfte Rettungs-
boote und dürfen bis zu einem Viertel Klappboote sein (§. 42).
6. Ein Rettungsgürtel braucht nur 8 Kilogramm, eine Rettungsboje nur
12 Kilogramm tragen zu können (§§. 51, 52).
§. 76.
Bis zum 1. April 1899 kann die Auswanderungsbehörde im einzelnen Falle
1. von dem Nachweise der Untersuchung des Schiffes auf Seetüchtigkeit
absehen (§. 58 Absatz 2 Ziffer 2),
2. gestatten, daß eine geringere als die im §. 49 vorgeschriebene Zahl
von ruderkundigen Personen vorhanden ist.
§. 77.
Für die von ausländischen Häfen aus abgehenden Auswandererschiffe kann
der Reichskanzler mit Zustimmung des Bundesraths Ausnahmen von den vor-
stehenden Vorschriften zulassen.
Berlin, den 14. März 1898.
Der Reichskanzler.
In Vertretung:
Graf von Posadoweky.
Reichs- Gesetzbl. 1898. 17