Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1902. (36)

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§. 95. 
Hat der Schiffsmann sich im Auslande dem Dienste in einem der Fälle 
des §. 74 Nr. 1, 3, 4, 5 der Vorschrift des §. 77 entgegen entzogen, so tritt 
Geldstrafe bis zum Betrag einer Monatsheuer ein. 
§. 96. 
Mit Geldstrafe bis zum Betrag einer Monatsheuer wird ein Schiffsmann 
bestraft, welcher sich einer gröblichen Verletzung seiner Dienstpflichten schuldig macht. 
Als Verletzung der Dienstpflicht, die, wenn sie in gröblicher Weise erfolgt, 
nach Abs. 1 strafbar ist, wird insbesondere angesehen: 
1. Nachlässigkeit im Wachtdienste; 
2. Ungehorsam gegen den Dienstbefehl eines Vorgesetzten; 
3. Ungebührliches Betragen gegen Vorgesetzte, gegen andere Mitglieder 
der Schiffsmannschaft oder gegen Reisende; 
4. Verlassen des Schiffes ohne Erlaubniß oder Ausbleiben über die fest- 
gesetzte Zeit; 
5. Wegbringen eigener oder fremder Sachen von Bord des Schiffes und 
an Bord bringen oder an Bord bringen lassen von Gütern oder 
sonstigen Gegenständen ohne Erlaubniß; 
6. Eigenmächtige Zulassung fremder Personen an Bord und Gestattung 
des Anlegens von Fahrzeugen an das Schiff; 
7. Trunkenheit im Schiffsdienste; 
8. Vergeudung, unbefugte Veräußerung oder bei Seite bringen von 
Proviant. 
Gegen Schiffsoffiziere kann die Strafe bis auf den Betrag einer zwei- 
monatlichen Heuer erhöht werden. 
Die Verfolgung tritt nur auf Antrag des Kapitäns oder eines verletzten 
Schiffsmanns ein. Der Antrag kann bis zur Abmusterung gestellt werden. 
Die Zurücknahme ist bis zur rechtskräftigen Entscheidung zulässig. 
 
§. 97. 
In den Fällen der §§. 95, 96 wird, wenn die Heuer nicht monatsweise 
bedungen ist, bei der Festsetzung der Geldstrafe der einer Monatsheuer ent- 
sprechende Geldbetrag nach dem Ermessen des Seemannsamts berechnet. 
§. 98. 
Der Kapitän hat, sobald es geschehen kann, jede gröbliche Verletzung der 
Dienstpflicht (§. 96) mit genauer Angabe des Sachverhalts in das Schiffstage- 
buch einzutragen und dem Schiffsmanne von dem Inhalte der Eintragung unter 
ausdrücklicher Hinweisung auf die Strafandrohung des §. 96 Mittheilung zu 
machen, auch demselben auf Verlangen eine Abschrift der Eintragung aus- 
zuhändigen. 
45“
	        
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