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§. 749.
Wird ein Schiff oder dessen Ladung ganz oder theilweise von
einem anderen Schiffe geborgen oder gerettet, so wird der Berge-
oder Hülfslohn zwischen dem Rheder, dem Schiffer und der übrigen
Besatzung des anderen Schiffes in der Weise vertheilt, daß zunächst
dem Rheder die Schäden am Schiffe und Betriebsmehrkosten ersetzt
werden, welche durch die Bergung oder Rettung entstanden sind, und
daß von dem Reste der Rheder eines Dampfschiffs zwei Drittel, eines
Segelschiffs die Hälfte, der Schiffer und die übrige Besatzung eines
Dampfschiffs je ein Sechstel, eines Segelschiffs je ein Viertel erhält.
Der auf die Schiffsbesatzung mit Ausnahme des Schiffers
entfallende Betrag wird unter alle Mitglieder derselben mit besonderer
Berücksichtigung der sachlichen und persönlichen Leistungen eines Jeden
vertheilt. Die Vertheilung erfolgt durch den Schiffer mittelst eines vor
Beendigung der Reise der Besatzung bekannt zu gebenden Vertheilungs-
plans, der den jedem Betheiligten zukommenden Bruchtheil festsetzt.
Gegen den Vertheilungsplan ist Einspruch bei demjenigen
Seemannsamte zulässig, welches nach Bekanntgabe des Planes zuerst
angegangen werden kann. Das Seemannsamt entscheidet nach An-
hörung der Betheiligten endgültig, unter Ausschluß des Rechtswegs,
über den Einspruch und eine etwaige andere Vertheilung. Beglaubigte
Abschrift der Entscheidung ist dem Rheder vom Seemannsamte mit
thunlichster Beschleunigung mitzutheilen.
Vereinbarungen, welche den Vorschriften der Abs. 1, 2 zu-
widerlaufen, sind nichtig.
Diese Vorschriften finden für den Fall der Bergung oder Rettung
durch Bergungs- oder Schleppdampfer keine Anwendung.
Artikel 2.
Dieses Gesetz tritt am 1. April 1903 in Kraft.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem
Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Neues Palais, den 2. Juni 1902.
(L. S.) Wilhelm.
Graf von Posadowsky.