Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1907. (41)

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17. Leichen sind in Tücher zu hüllen, welche mit verdünntem Kresolwasser, 
Karbolsäurelösung oder Sublimatlösung getränkt sind, und alsdann in 
dichte Särge zu legen, welche am Boden mit einer reichlichen Schicht 
Sägemehl, Torfmull oder anderen aufsaugenden Stoffen bedeckt sind. 
18. Zur Desinfektion infizierter oder der Infektion verdächtiger Räume, 
namentlich solcher, in denen Kranke sich aufgehalten oder Leichen ge- 
standen haben, sind zunächst die Lagerstellen, Gerätschaften und der- 
gleichen, ferner die Wände mindestens bis zu 2 Meter Höhe, die Türen, 
die Fenster und der Fußboden mittels Lappen, die mit verdünntem 
Kresolwasser oder Karbolsäurelösung getränkt sind, gründlich abzu- 
waschen oder auf andere Weise mit den genannten Lösungen aus- 
reichend zu befeuchten; dabei ist besonders darauf zu achten, daß die 
Lösungen in alle Spalten, Risse und Fugen eindringen. 
Die Lagerstellen von Kranken oder von Verstorbenen und die in 
der Umgebung auf wenigstens 2 Meter Entfernung befindlichen Gerät- 
schaften, Wand- und Fußbodenflächen sind bei dieser Desinfektion be- 
sonders zu berücksichtigen. 
Alsdann sind die Räumlichkeiten mit einer ausreichenden Menge 
heißen Seifenwassers zu spülen und gründlich zu lüften. Getünchte 
Wände sind mit einem frischen Kalkanstriche zu versehen, Fußböden aus 
Lehmschlag oder dergleichen reichlich mit Kalkmilch zu bestreichen. 
19. Zur Desinfektion geschlossener oder allseitig gut abschließbarer Räume 
empfiehlt sich auch die Anwendung des Formaldehydgases; sie eignet 
sich zur Vernichtung von Krankheitskeimen, die an freiliegenden Flächen 
oberflächlich oder nur in geringer Tiefe haften. Vor Beginn der Des- 
infektion sind alle Undichtigkeiten der Fenster, Türen, Ventilations- 
öffnungen und dergleichen genau zu verkleben oder zu verkitten. Es 
ist überhaupt die größte Sorgfalt auf die Dichtung des Raumes zu 
verwenden, da hiervon der Erfolg der Desinfektion wesentlich abhängt. 
Auch ist durch eine geeignete Aufstellung, Ausbreitung oder sonstige 
Anordnung der in dem Raume befindlichen Gegenstände dafür zu 
sorgen, daß der Formaldehyd ihre Oberflächen in möglichst großer 
Ausdehnung trifft. 
Für je 1 Kubikmeter Luftraum müssen mindestens 5 Gramm 
Formaldehydgas oder 15 Kubikzentimeter Formaldehydlösung (Form- 
aldehydum solutum des Arzneibuchs für das Deutsche Reich) und 
glechzeitig etwa 30 Kubikzentimeter Wasser verdampft werden. Die 
Öffnung der desinfizierten Räume darf frühestens nach vier Stunden, soll 
aber womöglich später und in besonderen Fällen (überfüllte Räume) 
erst nach sieben Stunden geschehen. Der überschüssige Formaldehyd ist vor 
dem Betreten des Raumes durch Einleiten von Ammoniakgas zu be- 
seitigen. 
Reichs- Gesetzbl. 1907. 26
	        
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