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§ 35.
Der Bundesrat ist befugt:
1. eine von den Vorschriften im § 29 Abs. 1 und 2 und in den §§ 30
und 31 abweichende amtliche Feststellung des Börsenpreises von Waren
oder Wertpapieren für einzelne Börsen zuzulassen;
2. eine amtliche Feststellung des Börsenpreises bestimmter Waren allgemein
oder für einzelne Börsen vorzuschreiben;
3. Bestimmungen zu erlassen, um eine Einheitlichkeit der Grundsätze über
die den Feststellungen von Warenpreisen zu Grunde zu legenden Mengen
und über die für die Feststellung der Preise von Wertpapieren maß-
gebenden Gebräuche herbeizuführen.
Die Befugnis der Landesregierung zu Anordnungen der im Abs. 1 Ziffer 2
und 3 bezeichneten Art wird hierdurch nicht berührt, soweit der Bundesrat von
seiner Befugnis keinen Gebrauch gemacht hat. Diese Anordnungen sind dem
Reichskanzler zur Kenntnisnahme mitzuteilen.
III. Zulassung von Wertpapieren zum Börsenhandel.
§ 36.
Die Zulassung von Wertpapieren zum Börsenhandel erfolgt an jeder Börse
durch eine Kommission (Zulassungsstelle), von deren Mitgliedern mindestens die
Hälfte aus Personen bestehen muß, die sich nicht berufsmäßig am Börsenhandel
mit Wertpapieren beteiligen.
Von der Beratung und Beschlußfassung über die Zulassung eines Wert-
papiers zum Börsenhandel sind diejenigen Mitglieder ausgeschlossen, welche an
der Einführung dieses Wertpapiers in den Börsenhandel beteiligt sind; für die
ausscheidenden Mitglieder sind Stellvertreter nach näherer Bestimmung der Börsen-
ordnung zu berufen.
Die Zulassungsstelle hat die Aufgabe und die Pflicht:
a) die Vorlegung der Urkunden, welche die Grundlage für die zu emit-
tierenden Wertpapiere bilden, zu verlangen und diese Urkunden zu
prüfen;
b) dafür zu sorgen, daß das Publikum über alle zur Beurteilung der
zu emittierenden Wertpapiere notwendigen tatsächlichen und rechtlichen
Verhältnisse soweit als möglich informiert wird, und bei Unvollständig-
keit der Angaben die Emission nicht zuzulassen;
c) Emissionen nicht zuzulassen, durch welche erhebliche allgemeine Inter-
essen geschädigt werden oder welche offenbar zu einer Übervorteilung
des Publikums führen.
Reichs Gesebl. 1908. 40