Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1910. (44)

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2. Die praktische Prüfung umfaßt: 
a) Feststellung der Wirksamkeit der Bremsen und Lenkvorrichtungen, In- 
gangsetzen des Motors nach vorheriger Prüfung der Zündvorrichtungen 
und einfache Fahrübungen auf kurzer Strecke (z. B. Einhaltung einer 
gegebenen Fahrtrichtung, Ausweichen vor angedeuteten Hindernissen 
schnelles Halten mit Benutzung der verschiedenen Bremsen, Rückwärts- 
fahren, Wenden mit und ohne Benutzung der Rückwärtsfahrt); 
b) Probefahrt auf freier Strecke in mäßigem Verkehre mit Begegnen 
und Überholen von Fuhrwerk, Ausfahrt aus einem Grundstück, Ein- 
biegen in Straßen, Anwendung des Warnungszeichens, Wechsel der 
Geschwindigkeit (wenn möglich auch in Steigungen und im Gefälle) 
unter Benutzung der verschiedenen zu Gebote stehenden Hilfsmittel, 
Handhabung der Bremsen unter verschiedenen Verhältnissen; 
c) abschließende Prüfung in freier Fahrt, auch durch belebtere Verkehrs- 
straßen, in mindestens einstündiger Dauerfahrt unter Benutzung aller 
am Prüfungsort und in seiner näheren Umgebung zu Gebote stehenden 
Geländeverhältnisse. 
Für die Führung von Krafträdern ist die Prüfung der Bauart des Fahrzeugs 
entsprechend zu gestalten. Nach dem Ermessen des Sachverständigen kann dabei die 
Dauer der unter 2 c vorgeschriebenen freien Fahrt eingeschränkt werden. 
Zur mündlichen Prüfung können mehrere Prüflinge gleichzeitig zugelassen werden. 
Der praktischen Prüfung für Kraftwagen ist jeder Prüfling einzeln zu unterziehen. 
Die praktische Prüfung ist erst vorzunehmen, wenn der Prüfling die mündliche 
Prüfung bestanden hat. Zu der Prüfung gemäß 2 c darf der Prüfling nur zuge- 
lassen werden, wenn er bei der Prüfung nach 2 b volle Sicherheit, Ruhe und Ge- 
wandtheit gezeigt hat. 
Bei den Fahrprüfungen für Kraftwagen (vergleiche 2b und c) muß der prüfende 
Sachverständige auf dem Wagen Platz nehmen*). Er hat bei der Fahrt von Anwei- 
sungen soweit irgend möglich abzusehen und sein Augenmerk besonders darauf zu 
richten, ob der Prüfling die nötige Ruhe und Geistesgegenwart, einen sicheren Blick 
und Verständnis für die Bedürfnisse des öffentlichen Verkehrs besitzt, sowie ob er Ent- 
fernungen richtig abzuschätzen, die Gelände- und Verkehrsverhältnisse besonders beim 
Wechsel der Geschwindigkeit zu berücksichtigen und zu benutzen, die Bremsen richtig 
zu handhaben und Geräusch= und Geruchbelästigung nach Möglichkeit zu vermeiden 
versteht. 
 Wenn der Prüfling bereits im Besitze der Fahrerlaubnis für eine bestimmte 
Betriebsart und Klasse von Fahrzeugen ist und die Ausdehnung der Fahrerlaubnis 
auf eine andere Betriebsart oder Klasse wünscht, kann die mündliche und praktische 
Prüfung nach dem Ermessen des Sachverständigen abgekürzt werden. 
  
*) Bei Kraftfahrzeugen, die keinen geeigneten Platz bieten, darf von der Befolgung dieser 
Vorschrift abgesehen werden, sofern der Sachverständige sich auf andere Weise, z. B. durch Begleiten mit 
einem anderen Kraftfahrzeuge, von den Fähigkeiten Uberzeugung verschaffen kann. 
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