Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1910. (44)

                                                           — 883 — 
                                                           § 6. 
Ein Kolonialbeamter darf innerhalb der Schutzgebiete nur mit Erlaubnis 
des Reichskanzlers Grundeigentum erwerben oder sich an Erwerbsunternehmungen 
beteiligen. Der Reichskanzler kann die Gouverneure zur Erteilung der Erlaubnis 
ermächtigen. — 
                                                           § 7. 
Die Kolonialbeamten haben, soweit für sie nicht reichsgesetzlich ein anderes 
bestimmt ist, in Ansehung ihres Gerichtsstandes ihren Wohnsitz in dem Schutz- 
gebiet, in dem sie angestellt sind. 
                                                           § 8. 
Die Gouverneure und die richterlichen Beamten behalten in Ansehung des 
Gerichtsstandes für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten neben ihrem Wohnsitz in dem 
Schutzgebiete den Wohnsitz, den sie im Heimatsstaate hatten. Hatten sie dort 
keinen Wohnsitz, so gilt die Hauptstadt des Heimatsstaats, haben sie keinen 
Heimatsstaat, so gilt Berlin als ihr Wohnsitz. Ist der Ort in mehrere Gerichts- 
bezirke geteilt, so bestimmt die Landesjustizverwaltung, und für Kolonialbeamte, 
die keinen Heimatsstaat haben, der Reichskanzler, welcher Bezirk als Wohnsitz gilt- 
Auf die anderen Kolonialbeamten finden die Vorschriften des Abs. 1 mit 
der Maßgabe Anwendung, daß das Gericht des Wohnsitzes in der Heimat nur 
für Klagen wegen solcher vermögensrechtlicher Ansprüche zuständig ist, die gegen 
die Beamten während ihres Aufenthalts in der Heimat entstanden sind. 
  
                                                                §  9. 
Ist gegen einen Kolonialbeamten bei dem Gericht eines Schutzgebiets ein 
Strafverfahren anhängig geworden und hat der Beschuldigte seinen dauernden 
Aufenthalt im Reichsgebiete, so kann das Gericht des Schutzgebiets auf Antrag 
oder von Amts wegen die Sache an das sachlich zuständige Gericht verweisen, 
zu dessen Bezirke der Aufenthaltsort gehört. Vor der Entscheidung sind die 
Staatsanwaltschaft und der Beschuldigte tunlichst zu hören. Gegen die Ent- 
scheidung findet Beschwerde statt; weitere Beschwerde ist zulässig. Bei dem 
Gericht, an das die Sache verwiesen ist, wird das Verfahren in der Lage fort- 
gesetzt, in der es sich befindet. 
Die Vorschriften des Abs. 1 finden entsprechende Anwendung, wenn ein 
Strafverfahren gegen einen Kolonialbeamten im Reichsgebiet anhängig geworden 
ist und der Beschuldigte seinen dauernden Aufenthalt in einem Schutzgebiete 
hat oder wenn ein Strafverfahren gegen einen Kolonialbeamten in einem Schutz- 
gebiet anhängig geworden ist und der Beschuldigte seinen dauernden Aufenthalt 
in einem anderen Schutzgebiete hat. 
 Vorstehende Vorschriften finden auf das militärgerichtliche Verfahren keine 
Anwendung. 
  
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