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Uote des Staatssekretärs des Auswärtigen Amtes an den Botschafter
der Französischen Republik in Berlin.
Auswärtiges Amt.
Berlin, den 26. Juli 1913.
Der Unterzeichnete beehrt sich Seiner Exzellenz dem Botschafter der Fran-
zösischen Republik Herrn Jules Cambon mit Beziehung auf die vorausgegangenen
Besprechungen wegen einer internationalen Regelung des Luftverkehrs mitzuteilen,
daß die Kaiserlich Deutsche Regierung, in Erwartung des Abschlusses eines
diesen Gegenstand betreffenden Abkommens zwischen einer größeren Anzahl von
Staaten, vom 15. August 1913 ab vorläufig und unter der Voraussetzung der
Gegenseitigkeit die nachstehenden Bestimmungen auf die aus Frankreich nach
Deutschland gelangenden Luftfahrzeuge zur Anwendung bringen wird.
1.
Aus französischem Gebiete kommende Luftfahrzeuge, die der Militärverwaltung
gehören oder unter deren Insassen sich Militärpersonen in Uniform befinden,
dürfen nur auf Einladung der Deutschen Regierung deutsches Gebiet überfliegen
oder dort landen.
Doch wird diesen Luftfahrzeugen im Falle der Not der Aufenthalt auf
deutschem Gebiete nicht untersagt werden. Um derartige Fälle möglichst zu
vermeiden, wird die Französische Regierung den Luftschiffern geeignete Weisungen
erteilen; diese Weisungen werden der Deutschen Regierung mitgeteilt werden.
Sollte ein Luftfahrzeug, das der Militärverwaltung gehört oder unter
dessen Insassen sich Militärpersonen in Uniform befinden, über deutsches Gebiet
verschlagen werden, so hat es das Notsignal zu geben, das in den weiter unten
erwähnten, der Französischen Regierung mitzuteilenden Bestimmungen vorgeschrieben
ist, und sobald als möglich zu landen. Unmittelbar nach der Landung hat der
Führer des Luftfahrzeugs die nächste deutsche Livil= oder Militärbehörde zu benach-
richtigen und unter Beifügung von Ausweispapieren seinen Namen, Vornamen
und Wohnort sowie seine militärische Stellung anzugeben; etwaige Begleiter
haben die gleichen Angaben zu machen. Die mit der Angelegenheit befaßte
Behörde hat die nötigen Uberwachungsmaßnahmen zu veranlassen, um jede
Veränderung oder Vernichtung der Gegenstände oder Urkunden zu verhindern,
die sich an Bord befinden oder die die Insassen mit sich führen; auch hat sie, sofern
sie eine Zivilbehörde ist, unverzüglich die nächste Militärbehörde zu benachrichtigen.
Die benachrichtigte Militärbehörde hat, gegebenenfalls unter Mitwirkung
der Zivilbehörde, mit allen geeignet scheinenden Mitteln eine Untersuchung vor-
zunehmen, die jedoch lediglich bestimmt ist, festzustellen, ob die Berufung auf
einen Fall der Not berechtigt ist oder nicht. Einer solchen Untersuchung dürfen
sich die Insassen des Fahrzeugs nicht widersetzen.