Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1914. (48)

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Abschnitt VI. 
Verfahren bei der Anhaltung, Durchsuchung und Aufbringung. 
81. Der Kommandant hat moͤglichst zu vermeiden, bei der Anhaltung und 
Durchsuchung ein Schiff unter neutraler Flagge von seinem Reiseweg abzubringen; 
er soll sich überhaupt bemühen, dem Schiffe so wenig Störung als möglich zu ver- 
ursachen. Insbesondere darf er unter keinen Umständen beanspruchen, daß der 
Kapitän an Bord des Kriegsschiffes kommt oder ein Boot, Leute der Besatzung, die 
Schiffspapiere usw. dorthin sendet. 
82. Will der Kommandant eir Schiff anhalten, so hat er es durch Signal 
und Heulen mit der Sirene zum Stoppen aufzufordern. Spätestens zugleich mit 
diesem Signal sind Flagge und Wimpel zu setzen; bei Nacht ist erstere zu beleuchten. 
Während der Jagd ist ein Zeigen der Kriegsflagge nicht erforderlich, die Führung 
einer beliebigen Handelsflagge statthaft. 
83. Stoppt das Schiff nicht auf das Signal, so sind zwei aufeinander- 
folgende blinde Schüsse und, wenn erforderlich, noch ein scharfer Schuß über das 
Schiff himweg abzugeben. 
Stoppt das Schiff auch dann noch nicht oder leistet es Widerstand, so zwingt 
der Kommandant es zum Stoppen. 
84. Hat das Schiff gestoppt, so sendet der Kommandant einen Offizier, dem 
ein zweiter Offizier und bis zu 3 Mann als Zeugen und zur Unterstützung bei.- 
gegeben sind, mit einem nicht armierten, gewöhnlich besetzten Boote (mit Flagge) an 
Bord. Von dem Anhaltungskommando tragen die Offiziere den Säbel, die Mann- 
schaften dagegen keine Waffen. Die übrige Bootsbesatzung nimmt ihre Handwaffen 
im Boote mit. 
85. Schließt die Witterung den Bootsverkehr aus, so darf der Kommandant 
bei dringendem Verdachte dem Schiffe einen Kurs vorschreiben und selbst folgen, bis 
die Durchführung der Anhaltung möglich ist. 
86. Bei dieser geht der Offizier im allgemeinen zunächst nur mit dem ihm 
zugeteilten Offizier an Bord und ersucht höflich, aber bestimmt um Vorzeigung der 
Schiffspapiere. Weigert sich der Kapitän, so befiehlt er die Vorzeigung. Eine 
weitere Weigerung berechtigt zur Aufbringung des Schiffes. 
87. Der Offizier unterzieht die Schiffspapiere einer genauen Durchsicht, prüft, 
soweit dies ohne genauere Untersuchung möglich ist, die Identität des Schiffes mit 
den Angaben der Papiere (Name am Heck, Schornsteinabzeichen, Reedereiflagge, 
Name an Booten und Bojen usw.), seine Nationalität), Dauer ihres Bestehens, 
Heimats= und Abgangshafen, Bestimmung des Schiffes, Art und Bestimmung der 
Ladung usw. 
88. Kommt der Offizier bei der Prüfung der Papiere zu der Ansicht, daß 
das Schiff der Aufbringung nicht unterliegt, so entläßt er es nach eingeholter 
Genehmigung des Kommandanten und nach Eintragung eines Vermerkes in Schiffs- 
tagebuch und Nationalitätsurkunde (anhaltendes Schiff, Zeit, Ort der Anhaltung,
	        
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