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(Nr. 4471.) Verordnung über den Ausnahmezustand in den Schutzgebieten Afrikas und der
Südsee. Vom 1. August 1914.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König
von Preußen 2c.
verordnen für die Schutzgebiete Afrikas und der Südsee auf Grund des § 1 des
Schutzgebietsgesetzes (Reichs-Gesetzbl. 1900 S.813) im Namen des Reichs, was folgt:
1.
Nach Ausbruch eines Krieges, Aufstandes oder Aufruhrs oder bei unmittel
bar drohender Kriegs-, Aufstands= oder Aufruhrsgefahr kann der Gouverneur der
Ausnahmezustand über das Schutzgebiet oder einen Schutzgebietsteil verhängen.
82.
Der Gouverneur verfügt die Aufhebung des Ausnahmezustandes.
83.
Die Verhängung und die Aufhebung des Ausnahmezustandes sind in ge-
eigneter Weise, insbesondere durch öffentlichen Anschlag oder Veröffentlichung im
Amtsblatt, bekannt zu geben. 4
Durch Verhängung des Ausnahmezustandes werden die im § 2 des Schutz
gebietsgesetzes geregelte Gerichtsbarkeit und die Militärgerichtsbarkeit nicht berührt
5.
Der Gouverneur kann anordnen, daß für die Dauer des Ausnahme
zustandes die vollziehende Gewalt der örtlichen Verwaltungsbehörden im Schutz
gebiet oder in einem Schutzgebietsteil, unbeschadet des § 4, auf die selbständiger
Militärbefehlshaber übergeht. In diesem Falle haben die örtlichen Verwaltungs
behörden, einschließlich der Kommunalbehörden, einem Ersuchen eines selbständiger
Militärbefehlshabers Folge zu leisten.
6.
Der Gouverneur kann für die Dauer des Ausnahmezustandes von dem
Grundsatz des Post= und Telegraphengeheimnisses abweichende Vorschriften erlassen.
9# 7.
Der Reichskanzler wird ermächtigt, zur Regelung des Ausnahmezustandes
der Eingeborenen besondere, auch abweichende Vorschriften zu erlassen. Er kann
diese Ermächtigung dem Gouverneur übertragen.
W
Der Gouverneur trifft die erforderlichen Ausführungsbestimmungen.
99.
Die Verordnung tritt am 1. August 1914 in Kraft.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem
Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Berlin, den 1. August 1914.
(L. S.) Wilhelm.
von Bethmann Hollweg.
Den Bezug des Reichs-Gesetzblatts vermitteln nur die Postanstalten.