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Verwaltungsbehörden zu entscheiden seien. (Vgl. Komp.-Konfl. Erk. v. 1. April 1875,
Gesetz= und Verordnungsblatt 1875 Beil. I S. 1, v. 15. November 1876, Gesetz= und
Verordnungsblatt 1876, Beil. XII S. 67.) Dieß gilt jedoch selbstverständlich nicht für
den Fall, wenn die erhobene Einwendung gegen den Rechtsbestand oder die Auslegung einer
bereits vorliegenden Entscheidung der Verwaltungsbehörden gerichtet ist. Wäre demnach die
vorwürfige Sache so gelagert, daß die angebliche Entrichtung der Versicherungsbeiträge erst
nach dem Erlaß der Entscheidung der Verwaltungsbehörde stattgefunden hätte, dann aller-
dings wäre der im Zwangsvollstreckungsverfahren geltend gemachte Einwand der bereits
geleisteten Zahlung von den Civilgerichten zu entscheiden. In keinem Falle aber ist die
gerichtliche Zuständigkeit gegeben, wenn, wie hier, der Einwand der Zahlung bereits
von den Verwaltungsbehörden innerhalb ihrer Zuständigkeit gewürdigt und entschieden worden ist.
In der gegentheiligen Annahme läge vor Allem eine Verkennung des Grundsatzes der
Gewaltertheilung, der Unabhängigkeit der Verwaltung von den Gerichten. Andererseits
kann auch der in § 686 der Civilprozeßordnung ausgesprochene Grundsatz in Bezug ge-
nommen werden, daß Einwendungen, welche den durch ein gerichtliches Urtheil festgestellten
Anspruch selbst betreffen, also beispielsweise der Einwand der erfolgten Zahlung, im Zwangs-
vollstreckungsverfahren nicht mehr beliebig nachgeholt werden können, sondern nur insoweit
zulässig sind, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst später entstanden sind. Auch
die Fassung der Bestimmung in Art. 7 Abs. 2 des Gesetzes vom 23. Februar 1879
schließt eine andere als die vorbezeichnete Deutung aus. Denn dortselbst ist bestimmt, daß
die Verwaltungsbehörden bei Einwendungen im Zwangsvollstreckungsverfahren unter drei
selbständig für sich bestehenden Voraussetzungen zuständig sein sollen. Scheidet man die
beiden andern alternativen Voraussetzungen aus, dann bleibt der hier zutreffende, einer
mehrfachen Deutung wohl kaum fähige Satz übrig: „Einwendungen gegen die Zwangs-
vollstreckungen, welche den Rechtsbestand oder die Auslegung der Entscheidung der Ver-
waltungsbehörde betreffen, sind, soweit das Verhältniß, in welchem die Forderung ihren
Grund hat, dem Verwaltungsgebiete angehört, bei der zuständigen Verwaltungsbehörde
geltend zu machen.“
Wenn übrigens hierüber noch ein Zweifel bestehen könnte, so mußte dieser schwinden
Angesichts der Entstehungsgeschichte der betreffenden Gesetzesbestimmung. Art. 7 Absl. 2
des Ausführ.-Gesetzes vom 23. Februar 1879 entspricht dem Art. 885 Abs. 2 der
Civ.-Prozeß-Ordng. vom 29. April 1869. Der einschlägige Art. 765 des Gesetzentwurfs
beruhte auf dem Prinzip, daß die Verhandlung und Entscheidung der Streitigkeiten, welche
sich bei den von den Verwaltungsbehörden ausgehenden Vollstreckungen ergeben, soferne es
sich um den Bestand oder Fortbestand einer dem Gebiete der Verwaltung angehörigen
Forderung handelt, ohne Unterschied zur Zuständigkeit der Verwaltung gehören gel.