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Diese Vorschriften finden Anwendung auf Web-, Wirk- und Strickwaren,
gleichgültig aus welchen Spinnstoffen sie hergestellt sind, sowie auf die aus ihnen
gefertigten Erzeugnisse. Sie gelten nicht für Gegenstände dieser Art, soweit sie
auf Grund der Bekanntmachung über die Sicherstellung von Kriegsbedarf vom
24. Juni 1915 (Reichs-Gesetzbl. S. 357) nebst den Erweiterungsbekanntmachungen
vom 9. Oktober 1915 (Reichs-Gesetztl. S. 645) und vom 25. November 1915
(Reichs.Gesetzbl. S. 778) beschlagnahmt sind und Preisbeschränkungen unterliegen.
§ 2
Der Käufer kann, wenn er glaubt, daß der vereinbarte Preis die Grenze
des § 1 Abs. 1 überschreitet oder, obwohl er sich in diesen Grenzen hält, unan-
gemessen hoch ist, binnen zwei Wochen nach Abschluß des Kaufvertrags Fest-
stellung des Preises durch ein Schiedsgericht beantragen.
Das Schiedsgericht setzt unter Ausschluß des Rechtswegs den angemessenen
Preis fest seine Entscheidung ist endgültig; sie erfolgt gebühren- und stempelfrei.
Ergibt sich der Verdacht einer strafbaren Überteuerung durch den Ver-
käufer, so hat der Vorsitzende des Schiedsgerichts der zuständigen Staatsanwalt-
schaft Mitteilung zu machen.
§ 3
Das Schiedsgericht ist befugt, auf Anrufen der Beteiligten vor Abschluß
des Kaufvertrags bei der Ermittlung des angemessenen Preises mitzuwirken.
§ 4
Der Reichskanzler erläßt die näheren Bestimmungen über die Errichtung,
Zuständigkeit und Zusammensetzung des Schiedsgerichts sowie über das Verfahren
und setzt allgemeine Richtlinien fest, welche die Schiedsgerichte bei ihrer Ent-
scheidung zu beachten haben.
Er kann Ausnahmen von der Vorschrift des § 1 Abs. 1 zulassen.
§ 5
Diese Verordnung tritt mit dem 1. April 1916 in Kraft. Die Frist
zur Anrufung des Schiedsgerichts (§ 2 Abs. 1) läuft nicht vor dem 1. Mai 1916 ab.
Der Reichskanzler bestimmt den Zeitpunkt des Außerkrafttretens der Verordnung.
Berlin, den 30. März 1916.
Der Stellvertreter des Reichskanzlers
Delbrück
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