— 1393 —
Reichs-Gesetzblatt
Jahrgang 1918
Nr. 171
Inhalt: Verordnung über die Gewährung von Straffreiheit und Strafmilderung. S. 1398. — Ver-
ordnung über Druckpapier. S. 13°6.— Bekanntmacchhung, betreffend Aufbebung des §5 11a
der Verordnung über die Regelung des Verkehrs mit Web., Wirk= und Strickwaren vom 10. Jun
23. Dezember 1916. S. 1397. — Verordnung über die Entlohnung und die Errichtung von
Fachausschüssen im Bäckerei, und Konditoreigewerbe. S. 1397. — Verordnung über die Weiter-
gewährung von Julagen zu Verletztenrenten aus der Unfallversicherung. S. 19298. — Erlaß über
die Errichtung des Reichsluftamts. S. 1400.
— — ———.— ——— —[.
— W.°.
(Nr. 6564) Verordnung über die Gewährung von Straffreiheit und Strafmilderung. Vom
3. Dezember 1918.
D. Rat der Volksbeauftragten hat in Ergänzung der Verordnung vom
12. November 1918 (Reichs-Gesetzbl. S. 1303), durch die für politische Straf-
taten bereits Straffreiheit gewährt ist, für Straftaten nicht politischer Art mit
Gesetzeskraft für das Reich folgende Verordnung erlassen:
81
Alle zur Zuständigkeit der bürgerlichen Behörden gehörigen Untersuchungen
wegen solcher vor dem 9. November 1918 begangenen Straftaten, die mit Frei-
heitsstrafe bis Ju einem Jahre oder mit Geldstrafe, allein oder in Verbindung
miteinander oder mit Nebenstrafen, bedroht sind, werden niedergeschlagen.
Auch ohne daß die Voraussetzungen des Abs. 1 vorliegen, werden die zur
Zuständigkeit der bürgerlichen Behörden gehörigen Untersuchungen wegen aller
vor dem 9. November 1918 begangenen Straftaten niedergeschlagen, wenn die
Tat aus Not, aus Unerfahrenheit oder infolge von Verführung begangen und
keine höhere Strafe zu erwarten ist als sechs Monate Gefängnis oder Geldstrafe.
Dabei sind Personen, die ihre zu den Fahnen einberufenen Angehörigen in Haus
sürr Beruf vertreten und hierbei Straftaten begangen haben, besonders zu berück-
ichtigen.
Hat der Täter durch die Straftat einen Gewinn erstrebt, so wird das
Verfahren nur niedergeschlagen, wenn die Verfehlung geringfügig ist und nach
Lage des Falles keine höhere Strafe zu erwarten ist als ein Monat Gefängnis
oder fünfhundert Mark Geldstrafe.
Reichs-Gesetzbl. 1918. 265
Ausgegeben zu Berlin den 5. Dezember 1918.