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III. Der Beschuldigte kann sich in jeder Lage des Verfahrens des Beistandes
eines Verteidigers bedicnen. Als Verteidiger können außer den bisher
schon gesetzlich zugelassenen Personen alle bei einem deutschen Gerichte
zugelassenen Rechtsanwälte gewählt oder bestellt werden.
IV. Bei Untersuchungshandlungen ist einem der gewählten Vertrauensleute
der Soldaten (Soldatenratsmitglied) auf Verlangen gestattet, zugegen
zu sein. Dieser darf auf Verlangen des Angeklagten in der Haupt-
verhandlung zu dessen Gunsten vor dem Schlußwort sprechen.
V. In den erkennenden Gerichten werden die Offizierrichter durch gewählte
Mitglieder ersetzt, von denen bei den Oberkriegsgerichten und bei den
mit einem Kriegsgerichtsrat besetzten Kriegsgerichten je zwei, bei den
mit zwei Kriegsgerichtsräten besetzten Kriegsgerichten einer sich in der
entsprechenden Dienststellung befinden müssen, wie der Angeklagte oder
der unter mehreren Angeklagten die höchste Dienststellung einnehmende.
Die Wahl erfolgt im ordentlichen Verfahren durch die am Standort
des Gerichtsherrn oder am abgezweigten Gerichtsort, im Felde durch
die am nächsten erreichbaren gewählten Vertrauensleute der Soldaten
(Soldatenräte) mit einfacher Stimmenmehrheit. Im ordentlichen Ver-
fahren sind die ohne Rücksicht auf die Dienststellung des Angeklagten
zu bestellenden Richter als ständige Mitglieder zu wählen, an deren
Stelle im Falle ihrer Behinderung ständig gewählte Stellvertreter
treten. Im übrigen erfolgt die Wahl für den einzelnen Fall.
VI. Die Offentlichkeit der Hauptverhandlung darf nur wegen Gefährdung
der Sittlichkeit oder bei einer Verhandlung wegen Verrats militärischer
Geheimnisse ausgeschlossen werden.
VII. Eine Bestätigung der im ordentlichen Verfahren ergangenen Urteile
findet nicht statt. Die Strafvollstreckung erfolgt auf Grund einer
von einem richterlichen Militärjustizbeamten zu erteilenden mit der
Bescheinigung der Vollstreckbarkeit versehenen beglaubigten Abschrift der
Urteilsformel.
VIII. Das Recht der Strafmilderung und des Straferlasses wird von dem
Rate der Volksbeauftragten ausgeübt und kann übertragen werden.
IX. Die Verordnung tritt mit ihrer Bekanntmachung in Kraft.
Berlin, den 5. Dezember 1918.
Der Rat der Volksbeauftragten
Ebert Haase
Der Kriegsminister Der Unterstaatssekretär
Scheüch Göhre