Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1918. (52)

— 1450 — 
G###s) Verordnung über Tarifverträge, Arbeiter= und Angeftelltenausschüsse und 
Schlichtung von Arbeitsstreitigkeiten. Vom 23. Dezember 1918. 
L. Abschnitt 
Darifverträge 
* 1 
Sind die Bedingungen für den Abschluß von Arbeitsverträgen zwischen 
Berrinigungen von Arbeitnehmern und einzelnen Arbeitgebern oder Vereinigungen 
von Arbeitgebern durch schriftlichen Vertrag geregelt (Tarifvertrag), so sin 
Arbeitsverträge zwischen den beteiligten Personen insoweit unwirksam, als sie von 
der tariflichen Regelung abweichen. Abweichende Vereinbarungen sind jedoch 
wirksam, soweit sie im Tarifvertrage grundsätzlich zugelassen sind, oder soweit sie 
eine Anderung der Arbeitsbedingungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten 
und im Tarifvertrag nicht ausdrücklich ausgeschlossen sind. An die Stelle un- 
wirksamer Vereinbarungen treten die entsprechenden Bestimmungen des Tariß= 
vertrags. 
Beteiligte Personen im Sinne des Abs. 1 sind Arbeitgeber und Arbeit- 
nehmer, die Vertragsparteien des Tarifvertrags oder Mitglieder der vertrag- 
schließenden Vereinigungen sind oder bei Abschluß des Arbeitsvertrags gewesen 
gu oder die den Arbeitsvertrag unter Berufung auf den Tarifvertrag abgs- 
chlossen haben. 
X 
Das Reichsarbeitsamt kann Tarifverträge, die für die Gestaltung der 
Ardetsdedungungen des Berufskreises in dem Tarifgebiet überwiegende Hheurur 
erlangt haben, für allgemein verbindlich erklären. Sie sind dann innerhalb ih 
räumlichen Geltungsbereichs für Arbeitsverträge, die nach der Art der Arbeit 
unter den Tarifvertrag fallen, auch dann verbindlich im Sinne des § 1, wenn 
der Arbeitgeber oder der Arbeirnehmer oder beide an dem Tarifvertrage nicht 
betziligt sind. 
Kallt ein Arbeitsvertrag unter mebrere allgemein verbindliche Tarifverrrägs, 
so ist im Streitfall, vorbebaltlich einer abweichenden Bestimmung des Reichs-= 
arbeitsamts, derjenige von ihnen maßgebend, der für die größte Zahl von Ar- 
betreverrägen in dem Betrieb oder der Berrebsabteilung Bestimmungen enthält. 
3 
Die Erklaͤrung bes Reichsarbeitsamts nach & 2 erfolgt nur auf Antrag. 
Untragsberechtigt sind jede Verrragspartet des Tarifvertrags sowie Vereinigungen 
von Arbeitgebern oder Arbeitnehmern, deren Mitglieder durch die Erklärung des 
Reichsarbeitsamrs betroffen werden würden.
	        
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