Object: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

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hinauf glichen einem großen Schlachtfelde von Leichen und Schutt- 
haufen. An der Spitze des Aufruhrs in Thüringen stand Thomas 
Müunzer, ein hoͤchst schwärmerischer Mann. Er rühmte sich besonderer 
Offenbarungen Gottes, durch welche ihm das Wesen der christlichen 
Freiheit weit klarer geworden sei, als Luther sie kenne und lehre. Es 
solle, sprach er, ein ganz neues christliches Reich gestiftet werden, in 
welchem völlige Gleichheit herrschen und alle Güter gemeinschaftlich 
sein müßten In diesem Reiche bedürfte es nicht der Fürsten und 
Obrigkeiten, nicht des Adels und der Geistlichkeit; im Christenthume 
dürfe kein Unterschied sein zwischen Reich und Arm. Solche Lehren 
erwarben ihm zahlreiche Anhänger; besonders waren es die Bauern, 
die mit großer Hoffnung auf diesen neuen Propheten blickten. Unter 
seiner Anführung zogen sie von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf 
uand verwüsteten und zerstörten Alles mit Feuer und Schwert. Aber 
bald schlug die Stunde der Rache. Die Fürsten rüsteten sich. Ihr 
Heer marschirte gegen Frankenhausen, wo die Bauern ihr Feldlager 
aufgeschlagen hatten. Bevor der Angriff erfolgte, schickten sie einen 
Edelknaben ins Lager der Bauern und ließen ihnen sagen: Wenn ihr 
friedlich auseinandergeht und die Rädelsführer ausliefert, so soll Gnade 
für Recht ergehen. Da hielt Münzer eine feurige Rede an die Bauern, 
die mit den Worten endigte: „Fürchtet euch nicht vor den Kugeln der 
Feinde; ich werde alle mit einem Aermel auffangen; wer in der vor- 
dersten Reihe niedergeschossen wird, der steht in der hintersten wieder 
auf.“ Die Bauern blickten noch unschlüssig auf ihn und seinen Aermel. 
Münzer aber ließ den Abgesandten in Stücke hauen, um so den Weg 
zu einem gütlichen Vergleiche vollständig abzuschneiden. Nun griffen 
die armen Betrogenen zu ihren Sensen, Piken und Schwertern. Der 
Kampf entbrannte, die Kugeln sausten, aber das Heer der Bauern stob 
wie Spreu auseinander. Münzer hatte beim ersten Kanonenschusse 
schon die Flucht ergriffen und sich in Frankenhausen auf einem Heu- 
boden versteckt. Die Bauern baten um Gnade; aber es war zu spät. 
5000 wurden erschlagen, Viele niedergeritten, die Gefangenen aber nebst 
dem Rädelsführer Münzer hingerichtet. (1525.) 
Was Münzer gelehrt, war durch seinen Tod nicht ausgerot- 
tet. Einige seiner Schüler gingen nach Holland und warben sich 
hier neue Anhänger, die zu einer Secte, die Wiedertäufer ge- 
nannt, zusammen traten. Diesen Namen erhielten sie dadurch, daß 
Alle, die zu ihnen gehören wollten, sich noch einmal taufen lassen 
mußten, weil, wie sle sagten, die Kindertaufe keine wahre Taufe sei, da 
ja die Kinder nichts davon verständen und auch in der heiligen Schrift
	        
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