V. Wirtschaftliche Verwaltung: Das Verkehrswesen. 125
□
I
Auf den Staatsstraßen wird schon nach dem Ges. vom 10. November 1873
Nr. 60 Chaussee-, Damm= und Brückengeld nicht mehr erhoben, ebenso findet
auf den Kommunikationswegen nach der Wegeordnung eine Weggelderhe-
bung nicht mehr statt. Auch die Benutzung sonstiger Wege soll grundsätzlich
frei sein und nur ausnahmsweise können schon bestehende Abgaben mit Ge-
nehmigung des Staatsministeriums forterhoben werden. — Wegepolizeiliche
Vorschriften hauptsächlich zur Sicherung des öffentlichen Verkehrs, z. T. aber auch
zum Schutz der Wegeanlagen gegen Beschädigungen finden sich im PSt GB. vom
23. März 1899 5§ 2 und 3, in Betreff des ersteren Zwecks auch in den Gesetzen
vom 3. September 1906 Nr. 63 (Verkehr mit Kraftfahrzeugen) und vom
9. November 1907 Nr. 59 (Ordnung des Radfahrerverkehrs), hinsichtlich des
letzteren im G. vom 7. April 1892 Nr. 16 (Breite der Radfelgen u.. w. beim
Gebrauch der Kunststraßen).
II. Wasserwege. — Der einzige schiffbare Fluß im Bereich des Her-
zogtums ist die Weser. Zur Durchführung der allgemeinen Grundsätze, die schon
in der Wiener Kongreßakte (Art. 108—117) für alle mehreren Bundesstaaten
gemeinsamen Flüsse aufgestellt waren, hat die Weserschiffahrtsakte vom 10. Sep-
tember 1823 1) die Schiffahrt vom Zusammenfluß der Werra und Fulda bis
ins offene Meer dem Handel freigegeben (allen Schiffen gestattet), Flußpolizei
und Schiffahrtsabgaben einheitlich geregelt, das Stapel= und Unschlagsrecht
beseitigt, unter Aufhebung aller bisheriger Zollabgaben einen gemeinsamen
„Weserzoll“ errichtet und die einzelnen Uferstaaten verpflichtet, alle im Fahrwas-
ser des Stroms sich findenden Schiffahrtshindernisse unverzüglich wegräumen
zu lassen und für gehörige Instandhaltung des Leinpfades Sorge zu tragen.
Die Additionalakte vom 5. Juli 1858 Nr. 42 ergänzte dann die früheren Staats-
verträge nach verschiedenen Richtungen, beseitigte namentlich den Weserzoll, er-
streckte die Bestimmungen über die Berechtigung zur Weserschiffahrt auch auf
den Personentransport und gab (in Anlage 4) eine Reihe polizeilicher Vorschrif-
ten für die Schiffahrt, die kürzlich durch das im Einvernehmen mit den be-
teiligten Staaten erlassene Ges. vom 8. April 1907 Nr. 20 ersetzt worden sind.
III. Eisenbahnen. — Ueber den Verkauf der braunschweigischen Staats-
bahnen und den Uebergang derselben in den Besitz des preußischen Staats
s. § 24 S. 75. Im Staatsvertrag vom 4. Juli 1888, mittels dessen die Ver-
hältnisse der in den Verkauf einbegriffenen Eisenbahnlinien geregelt wurden, hat
Braunschweig das Aufsichtsrecht über die betreffenden Strecken zwar auf Preußen
übertragen, die Landeshoheit über sie (Ausübung der allgemeinen Landes- und
Sicherheitspolizei und Rechtspflege) sich aber vorbehalten. Die Handhabung der
Hoheitsrechte und die Führung der etwaigen Verhandlungen mit der Bahnver-
waltung ist dem braunschweigischen Eisenbahnkommissariat :) überwiesen. Preußen
hat die Zusage gegeben, bei der Verwaltung der Bahnstrecken die Verkehrs-
1) Publiziert im Herzogtum durch VO. vom 5. März 1824 Nr. 7. Z
2) Errichtet durch V O. vom 31. Dezember 1870 Nr. 130, seitdem vielfach ohne zureichende
gesetzliche Grundlagen in seiner Organisation und seiner Zuständigkeit erweitert. Als Eisen-
bahnkommissar fungiert ein Mitglied des Finanzkollegiums, welchem nach Erfordern technische
Beiräte beigegeben werden.