4 Geschichtliche Einleitung. SI.
wesentlich umgestaltet worden. Die Landstände der beiden Fürstentümer Wolfen-
büttel und Blankenburg sind zu einer Landschaft verbunden, bestehend aus
zwei „an Rechten und Ansehen völlig gleichen Sektionen“, deren eine aus der
Ritterschaft und der Hälfte der bisherigen Prälatenkurie zusammengesetzt ward,
während in der anderen die zweite Hälfte der Prälatenkurie, die Abgeordneten
der Städte und ein neues Element, Deputierte der in Stadt und Land an-
sässigen Schrift= und Freisassen sich vereinigten. Engerer und größerer Ausschuß
wurden beibehalten. Die Mitwirkung der Landschaft bei der Gesetzgebung be-
schränkte sich auch fernerhin auf Erteilung von Rat und Gutachten bei den
wichtigeren Landesordnungen, so oft „es die Umstände gestatten und rätlich
machen“. Das alte Schatzkollegium ward aufgelöst und ersetzt durch ein dem
Landesherrn, wie den Ständen verpflichtetes und verantwortliches, auch von
beiden Gewalten gemeinschaftlich zu besetzendes Landessteuerkollegium. Nicht
mehr nach Belieben der Landesherrschaft, sondern alle 3 Jahre soll regelmäßig
ein Landtag gehalten werden.
Diese Zusicherung wurde, nachdem am 12. August 1823 der Landtag ge-
schlossen war, nicht erfüllt. Herzog Karl II., welcher am 30. Oktober 1823
die Regierung selbst übernahm, bestritt die Rechtsgültigkeit der unter dem
vormundschaftlichen Regimente vereinbarten Landschaftsordnung. Nach vergeb-
lichen Vorstellungen der Ausschüsse traten die Landstände am 21. Mai 1829 zu
einem Konvokationstage zusammen und legten angesichts der Uebergriffe des
Landesfürsten Rekurs bei dem Bundestag ein. Ehe aber dort die Entscheidung
fiel, brach der Aufstand vom 7. September 1830 aus, der den Herzog aus dem
Lande verjagte. Zunächst mit Genehmigung des vertriebenen Fürsten und
provisorisch übernahm sein jüngerer Bruder Wilhelm die Herrschaft, bald indessen
— durch Patent vom 20. April 1831 — endgültig auf Grund einer agnatischen
Disposition, welche die Regierung im Herzogtum bei der absoluten Regierungs-
unfähigkeit des Herzogs Karl für erledigt erklärt und mit allen verfassungs-
mäßigen Rechten und Pflichten eines regierenden Herzogs von Braunschweig
dem Herzog Wilhelm übertragen hatte 1).
Auf den Herbst 1831 ward der Landtag zusammenberufen. Es ging ihm
eine reiche Fülle von Arbeitsstoff zu, eine Reihe von Gesetzesvorlagen, die auf
eine völlig neue Organisation der Landesverwaltung abzielten, vor allem aber
der Entwurf einer „Revidierten Landschaftsordnung" selbst. Der äußeren Ein-
teilung und der Anordnung des Stoffes nach schloß sich dieser Entwurf zwar
noch durchweg an die ELO. des Jahres 1820 an, doch ging er über deren
Bestimmungen in Hinsicht auf die der Ständeversammlung eingeräumten Be-
fugnisse weit hinaus. Die Stände, die bisher nur „die Etats über neu anzu-
legende Steuern mit dem Landesherrn gemeinsam zu regulieren“" hatten, erhielten
fortan das Recht, mit der Regierung die Etats des gesamten Staatshaushalts
von Finanzperiode zu Finanzperiode festzustellen. Ihre Mitwirkung bei der
1) Der Bundestag respektierte zwar die vollendete Tatsache, behielt aber einer künftigen
Deszendenz des Herzogs Karl alle Sukzessionsrechte vor (Prot. der Bundesversammmlung vom
4. Mai 1831).