Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band 4. Das Staatsrecht des Herzogtums Braunschweig. (4)

140 Dritter Abschnitt. Die innere Verwaltung. 8 42. 
  
im Wege des Verwaltungszwangsverfahrens 1). — Minderjährige, deren Unter- 
bringung in einer Erziehungs= oder Besserungsanstalt verfügt ist, sollen einer auf 
Staatskosten errichteten oder vom Staatsministerium für geeignet erachteten 
Anstalt überwiesen werden. In solchen Fällen, wie bei Unterbringung des 
Fürsorgezöglings in einer Familie sind Rechte und Pflichten der betreffenden An- 
stalt oder Familie durch schriftlichen Vertrag festzustellen 2). — Die Strafbestim- 
mungen zur Verhütung aller (nicht den 88 120 und 235 RStG B. unterfallen- 
den) Unternehmungen, die darauf abzielen, einen Minderjährigen, hinsichtlich des- 
sen das gerichtliche Verfahren auf Unterbringung zur Fürsorgeerziehung einge- 
leitet oder die Unterbringung selbst angeordnet ist, dem Verfahren oder der Für- 
sorgeerziehung zu entziehen, entsprechen denen des preußischen G. vom 2. Juli 
1900 (Gefängnis bis zu 2 Jahren und Geldstrafe bis 1000 Mk. oder eine dieser 
Strafen). 
B. Das Gesetz, die Handhabung der Sittenpolizei betreffend, vom 16. Ok- 
tober 1873 Nr. 52 gibt zur Ueberwachung des sitktlichen Wandels und des Ge- 
sundheitszustandes solcher Weibspersonen, welche entweder einen Erlaubnisschein 
zum Betriebe gewerbsmäßiger Unzucht im Gemeindebezirk haben 2) oder welche 
wegen derartiger Unzucht oder wegen unzüchtigen Umhertreibens bestraft oder an 
Syphilis erkrankt und des ferneren Betriebes gewerbsmäßiger Unzucht verdächtig 
sind, der Ortspolizeibehörde das Recht, die Wohnungen dieser Personen oder 
deren Logiswirte jederzeit zu betreten und periodisch wiederkehrende Unter- 
suchungen ihres Gesundheitszustandes anzuordnen, sie auch, falls an Syphilis 
erkrankt, in ein Krankenhaus überführen zu lassen. Gegen die Anordnung solcher 
Maßregeln ist ein kurz befristeter Rekurs an die vorgesetzte Polizeibehörde zu- 
lässig. Das Ueberwachungsrecht erlischt mit Zurückgabe oder Entziehung des Er- 
laubnisscheins und mit Ablauf zweier Jahre seit der letzten Bestrafung, seit 
Aufhören des unzüchtigen Treibens oder seit der letzten Behandlung an Syphi- 
lis. — Einige weitere Verbote sittenpolizeilichen Inhalts finden sich im PSt G. 
vom 23. März 1899 Nr. 27 § 15, Nr. 2 und 19, daneben auch im G., das 
Halten von Schlafgängern betreffend, vom 8. April 1892 Nr. 13 & 3 und 5 
(hierzu: G. die Verwaltungsrechtspflege betr., vom 5. März 1895 + 56) und 
im G. betr. Unterbringung von Arbeitern in Arbeiterkasernen, vom gleichen 
Tage Nr. 14 3. 
# 42. Das Verhältnis der Glaubensgesellschaften im Staate. Das Landes- 
grundgesetz gewährleistet jedem Landeseinwohner vollkommene Freiheit des Ge- 
wissens und des religiösen Glaubens, sowie das öffentliche Bekenntnis desselben 
  
1) Ist der Ersatzpflichtige unvermögend, so hat die Gemeinde des Herzogtums, in welcher er 
seinen Unterstützungswohnsitz hat, einen Kostenbeitrag zu zahlen, der vom Staatsministerium 
unter Mitwirkung des Ausschusses der Landesversammlung periodenweis festgestellt wird, aber 
geeignetenfalls ermäßigt oder erlassen werden kann. 
2) Ausf.-Anweisung vom 10 November 1899 Nr. 98 (§ 1). Ebendort nähere Bestimmungen 
hinsichtlich der Unterbringung der Fürsorgezöglinge in der auf Staatskosten errichteten und der 
oberen Leitung einer Kreiedirektion unterstellten Erziehungsanstallt „Wilhelmsstift“ zu Bevern. 
3) Solche Scheine dürfen nur in Orten, in denen es durch Ortsstatut unter bestimmten 
Voraussetzungen gestattet ist, von der Ortspolizeibehörde, jederzeit widerruflich, ausgegeben 
werden.
	        
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