Anhang: l. Neue Landschafts-Ordnung für das Herzogtum Braunschweig 88 165—169. 169
Grundstücke, Gerechtsame und Einkünfte können ohne Zustimmung der Stände nicht
veräußert, also auch nicht verpfändet werden.
Veräußerungen ohne ständische Zustimmung sind nichtig; der Käufer hat weder
gegen den Landesfürsten, noch gegen eine öffentliche Behörde ein Klagerecht auf
Rückzahlung des gezahlten Kaufgeldes, sondern er kann sich nur an die Personen
halten, mit denen er kontrahiert hat. Selbst in dem Falle, daß die von ihm ge-
zahlten Münzstücke in einer öffentlichen Kasse noch vorhanden wären, kann er solche
nicht vindizieren.
6 165. Fortsetzung. Turch die notwendige Erhaltung des Kammergutes
in seinem Bestande sind jedoch diejenigen, unter Zustimmung der Stände, zu tref-
fenden Veränderungen nicht ausgeschlossen, welche bei einzelnen Besitzungen zur
Beförderung der Landeskultur oder sonst zur Wohlfahrt des Staats und Entfernung
wahrgenommener Nachteile durch Verkauf, Austausch oder Vererbleihung notwendig
oder gut befunden werden sollten. Wird eine Ablösung der zum Kammergute ge-
hörenden Dienste, Zehnten und Gefälle gegen Geld eintreten oder eine Veräuße-
rung einzelner Teile des Kammerguts im gesetzlichen Wege beschlossen, so ist gleich=
zeitig verfassungsmäßig über die nützliche Verwendung der eingehenden Gelder
Vorsorge zu treffen 1).
§ 166. 5. Verwaltung des Kammerguts. Das Kammergut wird, unter
unmittelbarer Leitung des Herzogl. Staatsministerii, von der Herzoglichen Kammer
in drei abgesonderten Direktionen für die Domänen, Forsten und Bergwerke ver-
waltet. Das Nähere hierüber ist durch das hierneben erlassene Gesetz bestimmt.
6 167. 6. Verwendung des Kammerguts. Die Aufkünfte des gesamten
Kammerguts sollen, nach Absatz der Administrations= und Erhaltungskosten und der
auf die Amortisation und Verzinsung der Kammerschuld zu leistenden Zahlungen,
wie bisher zur Bestreitung der Bedürfnisse des Fürsten und des Landes verwendet
werden. Die sukzessive Tilgung der Kammerschuld wird durch eine besondere Ver-
einbarung mit den Ständen bestimmt werden.
8 168. 7. Kammer-Etat und Rechnungen. Der über die Verwaltung
des Kammerguts vor dem Anfange und auf die Dauer einer lorei] zweijährigen 2) Fi-
nanzperiode aufgestellte Kammer--Etat wird den Ständen zur Erläuterung des, in
dem Staatshaushalts-Etat (5 184) aufzuführenden, Einnahmepostens von den Ueber-
schüssen des Kammergutes mitgeteilt, auch werden dieselben mit ihren gutachtlichen
Anträgen und Bemerkungen darüber gehört. Gleichergestalt werden den Ständen
auf deren Verlangen die Kammer--Rechnungen von der abgelaufenen Finanzperiode
zur Ausübung ihrer verfassungsmäßigen Rechte vorgelegt.
§ 169. 8. Bedarf des Landesfürsten. Der Bedarf des Landesfürsten
und Seines Hauses haftet zunächst und zuvörderst auf dem Reinertrage des Kam-
merguts. Die zur Bestreitung dieses Bedarfs erforderliche, von dem Landesfürsten
vorbehaltene Summe ist in der mit den Ständen getroffenen besonderen Ueberein-
kunft näher bestimmts).
Außerdem bleiben für den Bedarf der Hofhaltung vorbehalten:
die Herzogl. Schlösser, sämtliche Hofgebäude, Gärten, Anlagen und Inventarien,
1) Ergänzende Bestimmungen hiezu im G., die ohne besondere ständische Zustimmung zu-
lässigen Veränderungen mit dem Grundvermögen des Kammerguts und des vereinigten Kloster-
und Studienfonds betreffend, vom 20. Dezember 1834 (G. u. VO.-Sammlung 1835 Nr. 2),
welches nach seinem #& 7 einen Teil des Landesgrundgesetzes bildet. § 1 dieses Gesetzes: Zu
den, der ständischen Zustimmung bedürfenden Veräußerungen des Kammerguts oder des verei-
zcen Kloster= und Studienfonds sind zufolge des § 14 des Edikts vom 1. Mai 1794 nicht zu
rechnen: «
1. Allodifikationen von Lehnen, jedoch mit Ausnahme derer, welche auf 4 Augen stehen,
oder bei welchen sämtliche Mitbelehnte ohne lehnsfähige Deszendenz sind.
2. Gemeinheitsteilungen und Ablösungen, mag das Geschäft im Wege des gesetzlichen Ver-
fahrens oder durch freie Uebereinkunft abgemacht werden.
3. Vergleiche über streitige Gegenstände.
2) G. vom 26. März 1888 Nr. 12 F4.
3) Die Uebereinkunft ist enthalten im Finanznebenvertrag vom 12. Oktober 1832, welcher
berkommlich als integrierender Teil der NL O., gewissermaßen als Anlage derselben, betrachtet
wird.