Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band 4. Das Staatsrecht des Herzogtums Braunschweig. (4)

174 Anhang: I. Neue Landschafts-Ordnung für das Herzogtum Braunschweig 85 198 —206. 
  
welche Entschädigung vom Staate demjenigen gebühre, welcher durch Handlungen 
der Regierungs= und Verwaltungsbehörden in seinen wohlerworbenen Rechten ver- 
letzt ist, fällt ohne Zulassung eines Kompetenz-Konflikts lediglich der Entscheidung 
der Gerichte anheim. 
Die verfassungsmäßige Erlassung gesetzlicher Vorschriften kann zu keiner anderen, 
als der im Gesetze bestimmten, Entschädigung berechtigen. 
§s 198. 8. Rechtssachen des Fiskus. Der Fiskus, als der Vertreter 
aller das Vermögen und die Einkünfte des Staats betreffenden Rechte und Ver- 
bindlichkeiten, ist in streitigen Rechtssachen den ordentlichen Gerichten unterworfen. 
Die Vollziehung des gerichtlichen Erkenntnisses wird gegen die in demselben be- 
zeichnete Behörde und Kasse verfügt. 
6 199. 9. Beschränkung der Privilegien des Fis kus. Die bis- 
herigen Vorrechte des Fiskus, in Beziehung auf gerichtliche Verfolgung seiner An- 
sprüche, Privatpersonen gegenüber, werden hierdurch aufgehoben. 
Ein Vorzugs= oder stillschweigendes Pfandrecht behält derselbe nur wegen 
öffentlicher Abgaben. 
§ 200. 10. Gleichheit vor dem Richter. Alle Landeseinwohner sind 
vor dem Richter gleich. Der privilegierte Gerichtsstand ist und bleibt abgeschafft. 
§ 201. 11. Rechtsschutz. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter, es sei 
in bürgerlichen oder strafrechtlichen Fällen, entzogen, noch sonst an der Betretung 
und Verfolgung des Rechtsweges vor den Gerichten gehindert werden. Die Justiz- 
kollegien dürfen jedoch zu Verhandlungen und Untersuchungen, welche dem Urteils- 
spruche vorhergehen, einzelnen Gerichtsmitgliedern oder einem ihnen untergeordneten 
Gerichte Aufträge erteilen; auch kann die Landesregierung in außerordentlichen 
und dringenden Fällen, wenn die Zahl der gewöhnlichen Mitglieder des zuständigen 
Gerichtes nicht ausreicht, dieses durch Mitglieder anderer Gerichte verstärken. 
§ 202. 12. Gesetzliche Verfolgung. Zeder Verhaftete muß binnen 
24 Stunden nach seiner Verhaftung verhört, von deren gesetzlicher Ursache in Kennt- 
nis gesetzt und im Falle der Fortdauer dieser Ursache ohne Verzug seinem zu- 
ständigen Richter überliefert werden. 
Dieser wird dem Antrage des Verhafteten auf Entlassung gegen genügende 
Kaution stattgeben, dafern nicht dringende Anzeigen eines schweren peinlichen Ver- 
brechens wider ihn vorliegen. 
§ 2038. 13. Rechte der Angeschuldigten. Keinem Angeschuldigten 
darf das Recht der Beschwerdeführung während der Untersuchung, das Recht der 
Verteidigung oder der verlangte Richterspruch versagt werden. 
§ 204. 14. Schutz gegen Verlängerung der Haft. Die Gerichts- 
und Polizeibehörden des Landes, welchen der verfassungsmäßige Schutz der bürger- 
lichen Freiheit zunächst anvertraut ist, sind in den Untersuchungen gegen verhaftete 
Angeschuldigte dafür verantwortlich, daß deren Haft nicht länger dauere, als die 
Erforschung der Verbrechen und die zu sichernde Anwendung der Strafe erfordert. 
Besonders wird den Obergerichten die Pflicht auferlegt, über die Befolgung dieser 
Vorschrift strenge zu wachen und Uebertretungen derselben zu ahnden. 
5 205. 15. Vergehen im Auslande. Landeseinwohner, welche im 
Auslande strafbare Handlungen begangen haben, können im hiesigen Staatsgebiete 
nicht anders zur Untersuchung und Strafe gezogen werden, als insofern jene Hand- 
lungen nach gemeinem deutschen Kriminalrechte mit Strafen bedroht sind. 
Gegen Fremde, welche im Auslande Vergehen begangen haben, können die 
hiesigen Gerichte nur verfahren, wenn ein Verbrechen gegen den hiesigen Staat 
oder gegen Landeseinwohner begangen ist, oder zufolge einer von der Landes- 
regierung erhaltenen Ermächtigung. 
§ 206. 16. Auslieferung der Verbrecher. Die Auslieferung von 
Landeseinwohnern an fremde Regierungen findet nicht statt. 
Die Auslieferung von Fremden an auswärtige Regierungen darf nicht ohne 
Genehmigung der Landesregierung geschehen. 
Diese wird nicht versagt werden, wenn die Auslieferung von einer Regierung 
der Staaten des Deutschen Bundes verlangt wird, gegen den Auszuliefernden von 
der zuständigen Behörde ein Verhaftsbefehl erlassen, und derselbe entweder Unter-
	        
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