Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band 4. Das Staatsrecht des Herzogtums Braunschweig. (4)

84. 5. Rechtliche Stellung des Herrschers. Thronfolge. 13 
fassungsverletzungen eingeleiteten Untersuchungen (NLO. § 208 und 111, G. vom 
1. April 1879 Nr. 11 § 43) 1). — Ueber die dem Landesfürsten zustehende Vertretung 
des Staats nach außen und den Abschluß von Staatsverträgen s. s 23. 
In seinem Regierungsantrittspatent hat der Landesherr bei fürstlichem Wort zu 
versichern, daß er die Landesverfassung in allen ihren Bestimmungen beobachten, 
aufrecht erhalten und beschützen wolle (NLO. 5 4). Diesen „Reversalen“ ist aber nur 
die Bedeutung einer feierlichen Anerkennung der ohnehin (NLO. § 3) zu Recht 
bestehenden Verpflichtung zur Führung eines verfassungsmäßigen Regimentes bei- 
zulegen. In sachlicher Hinsicht erleidet die Ausübung der Staatsgewalt eine Beschrän- 
kung durch die in bestimmten Fällen erforderte Mitwirkung der Landesvertretung, in 
formeller Beziehung, insofern die vom Landesherrn „in Landesangelegenheiten er- 
lassenen Verfügungen" nur dann vollziehbar sind, wenn sie die Kontrasignatur eines 
stimmführenden Mitgliedes des Staatsministeriums tragen (NLO. F 155) 2). In 
betreff der Kirchengesetze und Kirchenverordnungen für die Landeskirche ist die Not- 
wendigkeit der Kontrasignatur, die hier das anderen Konfessionen gegenüber dem 
Staat zustehende Plazet ersetzt, ausdrücklich festgestellt worden durch G. vom 27. März 
1882 Nr. 16 § 4. 
5. Die Thronfolge. Nach Maßgabe des §& 14 der NLO. wird „die Regierung 
im Fürstl. Gesamthause Braunschweig-Lüneburg vererbt nach der Linealerbfolge und 
dem Recht der Erstgeburt und zwar zunächst im Mannsstamm aus rechtmäßiger, eben- 
bürtiger und hausgesetzlicher Ehe. — Erlischt der Mannesstamm des Fürstl. Gesamt- 
hauses, so geht die Regierung auf die weibliche Linie nach gleichen Grundsätzen über“. 
Das Fürstl. Gesamthaus Braunschweig-Lüneburg, auch nur „Haus Braunschweig“ 
genannt (NLO. 3 26, 132), umschließt die ältere (braunschweigische) und die jüngere 
(hannoversche) Linie. Das Erbfolgerecht der Erstgeburt hat, wie in den Fürstenhäusern 
anderer deutscher Territorien, auch im Hause Braunschweig erst seit dem Ausgange 
des Mittelalters aus einem durch Hausverträge und letztwillige Verfügungen begrün- 
deten, von privatrechtlichen Anschauungen beherrschten Rechtsinstitut sich zu einem 
staatsrechtlichen Grundsatze entwickelt, dessen dauernde Beobachtung im Interesse 
der Unteilbarkeit des Landes den Ständen von den Landesherrn zu wiederholten 
Malen, aber nicht mit Erfolg, verbürgt worden ist 3). — Erbfolgefähig sind nur die in 
„rechtmäßiger, ebenbürtiger, hausgesetzlicher Ehe“ erzeugten Kinder. Ob eine recht- 
  
1) Auch wenn die Strafsache bereits bei dem Reichsgericht anhängig ist. Vgl. dazu: 
Heimberger, landesh. Abolitionsrecht (1901) S. 128 ff. 
2) Unter Verfügungen sind hier alle vom Landesfürsten bei Ausübung der Staats- 
gewalt ausgehenden, Recht schaffenden oder Entscheidung treffenden Willensäußerungen zu 
verstehen (Otto, § 4 S. 103, Anm. 4). Landesfürstliche Erlasse anderer Art, z. B. persönliche Mei- 
nungsadußerungen, bedürfen der Kontrasignatur nicht. Ein Beispiel: die landesfürstliche Antwort 
auf eine Adresse der Stände, die während eines Verfassungsstreits unterm 3. April 1846 an den Her- 
zog abgesandt war (Prot. 38, Anl. 1 der Verhandlgg. des 5. ordentl. L.T.) — In Betreff der Ver- 
leihung von Orden s. & 7, S. 18. — Uebrigens sind im Herzogtum vielfach landesfürstliche 
Erlasse in Uebung, die im Eingang den Namen des Landesfürsten tragen, mit dessen Unter- 
schrift aber nicht versehen und nur unter den Worten „auf höchsten Spezialbefehl“ von einem 
oder mehreren verantwortlichen Ministern vollzogen sind. Die Zulässigkeit dieser Form steht 
gewohnheitsrechtlich fest, und ist auch durch einzelne gesetzliche Bestimmungen anerkannt worden 
(s. 7 des Staatsdienstgesetzes von 1832 — jetzt §K 5 des ZSt DG. von 1889; auch # 4 des 
G. vom 27. März 1882 Nr. 16 (Otto, a. a. O.) 
3) So namentlich im pactum Henrico-Wilhelminum vom Jahr 1535, welches vom Kaiser
	        
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