Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band 4. Das Staatsrecht des Herzogtums Braunschweig. (4)

56 Zuweiter Abschn. Die Organisation. III. Die Organisation der Selbstverwaltung. S 19. 
  
frühere Sonderstellung der Stadt Braunschweig (direkt unter dem Staatsministe- 
rium, Abt. des Innern) gelegentlich der Verhandlungen über den Erlaß des Ge- 
setzes, die Verwaltungsrechtspflege betreffend, beseitigt worden ist, gleichmäßig 
die Kreisdirektionen. Sie haben zwar „darauf zu achten, daß die Verwaltung den 
Gesetzen gemäß geführt werde“, sich aber einer unnötigen Einmischung in die 
Gemeindeangelegenheiten zu enthalten und sollen zur Förderung eines kräftigen 
Gemeindelebens mitwirken. Insbesondere sind sie befugt, ungesetzliche Beschlüsse 
und Verfügungen aufzuheben (in den Städten nach Anhörung der städtischen 
Behörden), die Ausführung solcher Maßnahmen, die ihrer Ansicht nach das Ge- 
meinwohl gefährden, zu untersagen, bei Gefahr im Verzuge selbständig die 
einstweilen erforderlichen Anordnungen zu treffen. In diesen und ähnlichen Fällen 
(St O. & 212 und 213, LGO. 163 und 164, Verw-Rspfl-G. 45) unter- 
liegen ihre Bescheide der Anfechtung durch Klage bei dem Verwaltungsgerichts- 
hof. Das Oberaussichtsrecht des Staatsministeriums ist durch diese Bestimmungen 
nicht berührt worden; auch bleibt die oberste Staatsbehörde, insoweit nicht auch 
sonst in Gemeindeangelegenheiten die Klage bei dem Verwaltungsgerichtshof zugelas- 
sen ist, Rekursinstanz. Das Oberaussichtsrecht wird vom Gesamtministerium aus- 
geübt bei Erteilung der Genehmigung zur Errichtung, Aenderung oder Aufhebung 
von Statuten oder polizeilichen Reglements, vom Staatsministerium, Abt. des 
Inneren, bei freiwilligen Veräußerungen von Grundstücken und Gerechtsamen oder 
bei deren Ankauf, falls der Kapitalwert den Betrag von 1000 M. überschreitet, 
bei vertragsmäßiger Uebernahme einer dauernden Verpflichtung auf die Gemeinde 
(abgesehen von Dienstverträgen und Prozeßvergleichen), bei Aufnahme von An- 
leihen, welche die Gemeinde mit einem Schuldenbestande belasten, sowie bei Ein- 
ziehung von Kapitalien und deren Anlegung in anderer, als nach § 103 fg. des 
Ausf.Gesetzes zum BG. zugelassenen Weise 1). 
II. Die Stadtgemeinden. — Die Organe der Stadtgemeinde sind: 1) die 
Versammlung der Stadtverordneten, 2) der Stadtmagistrat, 3) die vereinigte Ver- 
sammlung von Stadtmagistrat und Stadtverordneten. 
1. Die Stadtverordneten haben, je nach der Größe der Städte in einer An- 
zahl von 9, 18, in der Stadt Braunschweig von 36 Mitgliedern, bei der Leitung 
und Verwaltung der städtischen Angelegenheiten als Vertretung der Gesamtheit 
der Gemeindegenossen (St O. # 44) in verschiedenster Weise mitzuwirken — bera- 
tend, kontrollierend, mitbeschließend, entscheidend. Als beratendes Kolle- 
gium, indem sie auf Erfordern des Magistrats sich gutachtlich zu äußern haben 
und „behuf Förderung der Wohlfahrt der Stadt und der Gemeindegenossen“" be- 
fugt sind, in allen städtischen Angelegenheiten und namentlich zur Erweiterung 
der Erwerbsquellen, Vermehrung und Verbesserung der Bildungsmittel, Hebung 
der Sittlichkeit Anträge bei dem Magistrat zu stellen. Als Kontrollbe- 
hörde durch das Recht der Ueberwachung des städtischen Haushalts und durch 
die Befugnis zur Beschwerdeführung bei der Aussichtsbehörde wegen Dienstver- 
1) St O. 4215, LGO. & 165, in Verbindung mit & 118, Nr. 100 u. 101 des AusfG. zum 
Be# Die Sto. (* 215, II. 2) erfordert auch die Genehmigung des Staatsministeriums, 
Abt. des Innern, zur Veräußerung von wissenschaftlichen oder Kunstsammlungen und zu wesent- 
lichen Veränderungen mit den städt. Archiven. 
 
	        
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