Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band 4. Das Staatsrecht des Herzogtums Braunschweig. (4)

§ 19. Die Stadt= und Landgemeinden. 57 
  
nachlässigung oder Pflichtverletzung des Magistrats oder seiner einzelnen Mitglieder. 
Als mitbeschließend, insoweit es ihrer Zustimmung bedarf bei einer Reihe 
der wichtigeren Gemeindeangelegenheiten, namentlich wenn es sich um Ausübung 
der städtischen Autonomie, um Uebernahme von Verpflichtungen für die Stadt 
durch Vertrag, um Regelung der Dienstverhältnisse der Gemeindebeamten, um Steuer- 
und Ausgabebewilligungen, Etataufstellung, Veränderungen im Bestande des Ge- 
meindevermögens u. a. handelt. Als entscheiden de (untere) Instanz end- 
lich in Betreff der Zulässigkeit einer Ablehnung oder Niederlegung des Amts eines 
unbesoldeten Magistratsmitgliedes oder eines Stadtverordneten, des Ausschlusses 
eines ihrer Mitglieder wegen Unwürdigkeit, der Steuereinschätzung oder des Er- 
lasses rückständiger Gemeindegefälle. „Es steht ihnen aber keine ausführende Ge- 
walt zu“ (St O. § 53). Zur Vorprüfung der ihnen überwiesenen Beratungsge- 
genstände wählen sie Kommissionen, können aber auch (gleich diesen) andere Ein- 
wohner zur Erteilung von Auskunft und Gutachten zuziehen. 
2. Der Stadtmagistrat, eine kollegialische Behörde, besteht der gesetzlichen 
Norm nach 1) in Braunschweig aus 3 besoldeten (darunter dem Vorsitzenden) 
und 4 unbesoldeten, in den übrigen Städten aus einem besoldeten (dem Vor- 
sitzenden) und zwei unbesoldeten Mitgliedern. Die Mitglieder werden von Ma- 
gistrat und Stadtverordneten in vereinigter Versammlung auf 6 Jahre, nur die 
Magistratsvorsteher in Städten von mehr als 5000 Seelen auf Lebenszeit ge- 
wählt. Wählbar zum Amt eines unbesoldeten Magistratsmitgliedes ist jeder wahl- 
berechtigte Bürger, zum Amt eines besoldeten jeder Reichsangehörige, welcher 
fähig ist, Bürger zu werden (s. Seite 53). Etwaige weitere Bedingungen sind 
statutarisch festzustellen. Das Amt der unbesoldeten Mitglieder darf als Ehren- 
amt nur aus den gleichen Gründen, wie das der Stadtverordneten, abgelehnt oder 
niedergelegt werden. Die Wahl des Magistratsvorstehers bedarf der Bestätigung 
des Landesfürsten. — Der Stadtmagistrat ist die Obrigkeit der Stadt (StO. 
s#95) und vertritt die Gemeinde nach außen. Unter Mitwirkung der Stadtver- 
ordneten hat er die städtischen Angelegenheiten zu verwalten, unabhängig von 
ihnen in Reichs= und Landesangelegenheiten die ihm gesetzlich überwiesenen Ge- 
schäfte zu besorgen, Aufträge der Staatsbehörde zu vollziehen, dem Ersuchen son- 
stiger Behörden Folge zu geben. Abgesehen von der Stadt Braunschweig, in 
welcher eine Staatsbehörde Orts= wie Landespolizei ausübt (s. § 27, 1), ver- 
waltet der Vorsteher des Magistrats in der Regel auch die Ortspolizei; die Ueber- 
tragung derselben auf ein anderes Mitglied des Magistrats bedarf der Geneh- 
migung des Staatsministeriums, Wahl eines besonderen Polizeibeamten auf Le- 
benszeit der landesfürstlichen Bestätigung. Stadtmagistrat, wie Polizeivorstand 
1) Sie kann aber — mit der Maßgabe, daß die Zahl der unbesoldeten Magistratsmit- 
glieder immer größer bleiben muß, als die der besoldeten — durch Statut abgeändert werden 
und ist auch in der Stadt Braunschweig abgeändert worden. Eigentümlich liegen die Ver- 
hältnisse in der ehemaligen Residenzstadt Wolfenbüttel. Ihr ist bald nach Erlaß der StO. von 
1834 durch ein Reskript vom 19. Juli 1836 die Zusage gegeben, daß der Magistratsvorsitzende 
(hier „Stadtdirektor", in den übrigen Städten „Bürgermeister") nach wie vor vom Staat er- 
nannt und besoldet werden solle. Die Rechtsverbindlichkeit jenes Reskripts ist zwar wieder- 
holt, namentlich bei den Verhandlungen über den Entwurf der St O. von 1892 in Zweifel 
gezogen, der ihm entsprechende tatsächliche Zustand dauert indes noch fort.
	        
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