Full text: Die Verfassungsgesetze des Herzogtums Braunschweig.

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87. 
6. Auswärtige Verhältnisse. 
Der Landesfürst vertritt den Staat in allen Verhältnissen 
zu dem Deutschen Bunde und zu anderen Staaten!). 
Er ordnet die Gesandtschaften und Missionen an, schließt 
Staatsverträge und erwirbt dadurch Rechte für das Herzogthum, 
so wie er dasselbe zur Erfüllung der vertragsmäßigeu Verbind— 
lichkeit verpflichtet?). 
1) Nachdem an die Stelle des Deutschen Bundes das Deutsche Reich 
getreten ist, hat die völkerrechtliche Vertretungsbefugnis der Landesherren der 
Gliedstaaten wesentliche Einschränkungen erfahren. Im allgemeinen: § 11 der 
R.-V. Betreffs des Gesandtschaftsrechts der Bundesglieder: Laband, Staats- 
recht, Bd. 3, § 71. Über die Frage, inwieweit den einzelnen Gliedstaaten die 
Befugnis zum Abschluß von Staatsverträgen, sei es ausschließlich, sei es neben 
der Reichsgewalt, verblieben ist, vgl. namentlich: Pröbst, Annalen des Deutschen 
Reiches 1882, S. 246 bis 262. Auch: Laband, Bd. 1, § 63. Hinsicht- 
lich der Auslieferungsverträge s. unten § 206, Anm. 2. — Privatrecht- 
lichen Bestimmungen der Staatsverträge, die ein Bundesstaat mit einem 
ausländischen Staate vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches ge- 
schlossen hat, ist durch Art. 56 des Einführungsgesetzes zu letzterem die fernere 
Gültigkeit gewahrt. 
2) Unter den deutschen Verfassungsurkunden ist die N. L.-O. neben dem 
insoweit ähnlich lautenden hannoverschen Staatsgrundgesetz diejenige, welche die 
Trennung der völkerrechtlichen und staatsrechtlichen Seite der Staatsverträge 
am schärfsten dahin zum Ausdruck bringt, daß der Abschluß des Vertrages Vor- 
recht der Kvone und die völkerrechtliche Gültigkeit von einer Mitwirkung der 
Landesvertretung unabhängig ist, die staatsrechtliche Wirksamkeit des Vertrages 
aber von seinem Inhalt abhängt, indem in jedem Einzelfalle nach Maßgabe 
desselben zu prüfen und zu entscheiden ist, ob und inwieweit die landständische 
Zustimmung in Anspruch genommen werden muß. Die Vermutung E. Meiers 
(Abschluß von Staatsverträgen, 1874, S. 107, Anm.), daß die Bestimmungen 
der beiden Verfassungsgesetze auf direkten englischen Einfluß zurückzuführen 
seien, trifft für die braunschweigische N. L.-O. nicht zu, da deren gesamtes 
Kapitel 1 im Regierungsentwurf zunächst fehlte und der § 8 dann, wie manche 
andere Bestimmungen des Kapitels, ohne weiteres aus dem hannoverschen Ver- 
fassungsentwurf von 1831 (Kap. 2, § 2) herübergenommen ist. Der ganzen 
Unterscheidung zwischen der völkerrechtlichen und staatsrechtlichen Gültigkeit von 
Staatoverträgen dürfte übrigens eine praktische Bedeutung kaum zukommen. 
Vgl. Trieps, Deutsches Reich und die Bundesstaaten, S. 211; Seydel, 
Kommentar, S. 165.
	        
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