Full text: Die Verfassungsgesetze des Herzogtums Braunschweig.

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88. 
Fortsetzung. 
Die Ständeversammlung wird, sobald es die Umstände zu— 
lassen, von solchen Verträgen in Kenntniß gesetzt!). 
Die zur Ausführung derselben erforderlichen Mittel bedürfen 
der ständischen Bewilligung und, sollen in deren Folge neue 
Landesgesetze erlassen oder die bestehenden aufgehoben oder ab— 
geändert werden, so ist hierzu die verfassungsmäßige ständische 
Mitwirkung) erforderlich 3)/. 
1) „In Kenntnis gesetzt.“ Die Frage, ob ungeachtet dieses ent- 
gegenstehenden Wortlautes die Landesvertretung die Vorlegung der Verträge 
selbst unter keinen Umständen zu beanspruchen habe, ist auf dem fünften ordent- 
lichen Landtage gelegentlich des Abschlusses einer Etappenkonvention mit dem 
Königl. preußischen Gouvernement mit Lebhaftigkeit verhandelt und hat einen 
der — meist recht unerheblichen — Streitpunkte gebildet, um derentwillen ein 
ernstes Zerwürfnis zwischen der Landesregierung und der Landeswvertretung her- 
vorgerufen wurde (das Nähere darüber § 185, Anm. 3). Das Staatemini- 
sterium erkannte an, daß die Durchführung des Vertrages, da sie die Bewilligung 
von Staatsmitteln nötig mache, ohne Mitwirkung der Stände nicht zu erreichen 
sei, beharrte aber gegenüber dem wiederholten Ersuchen der Ständeversammlung 
um Mitteilung des Wortlautes der Konvention auf dem Standpunkte, daß die 
Vorlegung eines geschlossenen Vertrages zur ständischen Genehmigung als ein 
verfassungsmäßiges Recht nicht in Anspruch genommen werden könne, daß viel- 
mehr der Landesregierung nach freiem Belieben die Wahl zustehe, entweder den 
Vertrag selbst vorzulegen, so daß dessen mit ständischer Genehmigung zu publi- 
zierende Bestimmungen den Charakter gesetzlicher, auch über die einzelne Finanz- 
periode hinaus schlechthin maßgebender Dispositionen erlangen würden, oder (wie 
es im Fragefalle geschehen war) lediglich die Bewilligung der zur Aueführung 
des Vertrages nötigen Mittel durch Aufnahme entsprechender Anforderungen 
in dem Staatshaushaltsetat der einzelnen Finanzperioden zu beantragen 
(Schreiben des Finanzministeriums vom 19. und vom 30. März 1846, Anl. 1 
zu Protokoll 28 und Anl. 1 zu Protokoll 34 der Verhandlungen des fünften 
ordentlichen Landtages). Gleichwohl wird die Landesversammlung, insoweit sie 
im Einzelfalle ohne Einsicht des Vertragsentwurfes selbst sich außerstande sieht, 
die ihr nach § 8, Abs. 2 obliegenden Entschließungen pflichtmäßig zu treffen, 
eine solche auch fordern dürfen, und es hat denn auch die Regierung schon in 
dem ersten Jahrzehnt nach dem Erlaß der N. L.-O. mehrfach und seit dem er- 
wähnten Verfassungsstreit wohl ausnahmslos der Landesvertretung da, wo deren 
Mitwirkung überhaupt in Frage kam, die abgeschlossenen Verträge im Wortlaut 
zugehen lassen. In dem angegebenen Streitfalle hat die Ständeversammlung 
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