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des abgeschlossenen Vertrages bildet, gleich einer Verfassungsänderung zu be—
urteilen sei, weder aus dem § 102 des Landesgrundgesetzes folgern, noch dürfte
sie aus anderen Bestimmungen der N. L.-O. zu begründen sein. Namentlich
nicht aus dem § 9, wie denn auch gelegentlich der Vorberatung der Militär-
konvention von 1849 die ständische Kommission hinsichtlich der Militärhoheits-
rechte des Landesherrn ausdrücklich bemerkt hat, daß gerade, weil dem Landesfürsten
die aus diesem Hoheitsrechte abfließenden Befugnisse ausschließend zuständen, er
darüber vollkommen rechtsgültige Verträge schließen könne, ohne überhaupt an
ständische Mitwirkung gebunden zu sein (s. den vorerwähnten Kommissions-
bericht vom 12. März 1850 — Verfasser: Trieps —, S. 12 am Schluß).
UÜbrigens hat die neueste Militärkonvention (die vor ihrer Ratifikation dem
Landtage zugegangen war) in der Sitzung vom 24. März 1886 tatsächlich
dessen einstimmige Genehmigung gefunden.
8 10.
8. Verleihung von Titeln, Würden usw.
Der Landesfürst hat allein das Recht, Titel, Rang, Würden!),
gesetzlich zulässige Privilegien?), Standeserhöhungen und Ehren-
zeichen zu verleihen.
Titel, Rang, Würden, Privilegien, Standeserhöhungen und
Ehrenzeichen, welche Landeseinwohnern von auswärtigen Regie-
rungen verliehen worden, dürfen nur mit Zustimmung des Landes-
fürsten angenommen werden.
1) Verleihung von Staatsämtern: Zivilstaatsdienstgesetz vom 4. April
1889 Nr. 17, § 3 bis 5.
2) Vgl. auch hier den bei § 6 erwähnten Aufsatz von v. Gerber, nament-
lich S. 434 bis 445. Seit dem Erlaß der N. L.-O. hat sich der Umfang
der landesfürstlichen Privilegienhoheit mit der fortschreitenden Entwickelung der
modernen Gesetzgebung stetig vermindert, und sie darf namentlich auf dem
Gebiete des gewerblichen Lebens infolge Eingreifens der Reichsgesetzgebung —
Gewerbeordnung, Gesetze über Schutz des Urheberrechts, Patentschutzgesetz-
gebung u. dgl. — wohl völlig als beseitigt gelten, während sie im Bereiche des
Verkehrswesens sich in der Erteilung von Ermächtigungen zu Eisenbahnunter-
nehmungen noch vielfach betätigt. Aus dem Bereiche des Privatrechts gehört hier-
her namentlich die Verleihung der Rechtsfähigkeit an Vereine (jetzt: B. G.-B.
§ 21 und 22; Ausf.-Ges. § 5; religiöse Vereine: Einf.-Ges. § 84 und Gesetz,
die Verhältnisse der Dissidenten betreffend, vom 25. März 1873 Nr. 62, §20)
und Stiftungen (B. G.-B. § 80; Ausf.-Ges. § 10); die Volljährigkeits-
erklärung (B. G.-B. § 3) und die Ehelichkeitserklärung (B. G.-B. § 1723)
erfolgen jetzt seitens des Staatsministeriums, Abteilung für Justiz (Ausf.-Ges.
§ 3; Auef.-V.-O. vom 1. August 1899 Nr. 64, 5 2), doch bedarf es zum