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schweigs an dem Kriege Brandenburgs gegen Schweden im Gefolge, indem das
durch den Frieden von Celle (5. Februar 1679) neben anderem an das Ge-
samthaus Braunschweig abgetretene Amt Thedinghausen dem Herzog Rudolf
August übereignet wurde 1). Endlich fand durch Rezeß vom 17. Januar 17062)
die cellische Linie das Hanus Braunschweig-Wolfenbüttel für dessen Anrechte an
dem gemeinschaftlich ererbten Herzogtum Sachsen = Lauenburg mit dem Amt
Campen und einigen Dörfern des Amtes Neubrück (Bienrode, Bevenrode,
Waggum) ab.
Die grundgesetzlichen Bestimmungen des pactum Henrico-Wihelminum
über die Unteilbarkeit des Herzogtums hatten durch den Herzog Julius, Hein-
richs des Jüngeren Sohn und Nachfolger, eine bemerkenswerte Bekräftigung
und Ergänzung erhalten. In dem am 29. Juni 1582 errichteten, vom Kaiser
Rudolf bestätigten und einem Hausgesetz gleich zu achtenden Testament 3) dieses
um die Wohlfahrt des Landes so sehr verdienten Fürsten war jener Vertrag als
ein ewiges statutum und pactum gentilicium bezeichnet, die unverbrüchliche
Bewahrung desselben den nachkommenden Geschlechtern zu einer heiligen Pflicht
gemacht und im Hinblick auf die damalige Gestaltung der Verhältnisse aus-
drücklich verordnet, daß auch auf den Fall, da „die Lande und Fürstenthümer
braunschweigischen, calenbergischen und grubenhagenschen Theils, desgleichen die
Grafschaft Neinstein und Blankenburg und anderes mehr mit der Zeit erledigen
und an den braunschweig-wolfenbüttelschen Theil fallen würde, das alles und
jedes beisammen für und für sein und bleiben solle“. Herzog August der Jüngere
stellte nach der Ubernahme der Regierung in den wolfenbüttelschen Landen den
dortigen Ständen mittels Reverses vom 19. Jannar 1636 die Zusicherung
aus, die ergangene „Verordnung und Disposition des juris primogeniturae
in Maßen des 1535 jährigen Vertrages und Herzogen Julio confirmirten
Testamentes gänzlich und unverbrüchlich halten zu wollen", und ähnlich lautende
Zusagen sind späterhin sowohl vom Herzog Rudolf August (Revers vom
20. Oktober 1668), als auch nach dem Eintritt seines Bruders Anton Ulrich
in die Mitregentschaft von letzterem selbst ausgestellt (Nevers vom 7. Angust
1685). Allein weder der Zwang solcher Gelöbnisse, noch die Rücksicht auf des
Landes Wohl erwiesen sich stark genug, um Familieninteressen und persönliche
Wünsche gänzlich zurücktreten zu lassen, und es hat, wie Spittler in seiner
Geschichte des Füstentums Hannover (Bd. 1, S. 100) treffend bemerkt, der
unglückliche Kreislanf von politisch-ernsthaften Entschließungen und menschlicher
Nachgiebigkeit gegen unpolitische Leidenschaften wohl keine Familienverfassung
mehr zerrüttet, kein Haus länger in unbedentender Schwäche erhalten als das
welsische. Die romanisierende Jurisprudenz wies Mittel und Wege, die Rechts-
gültigkeit der auf Unteilbarkeit gegründeten Successionsordnungen in Frage zu
stellen; auch mag sein, daß man durch eine einschränkende, tatsächlich keineswegs
1) Rezeß vom 12. November 1681: Selchow I1, S. 151.
*) a. u. O., S. 19.
*) Ju: Lünigs Reichsarchiv pars spec. II cont. II, S. 250 ff.