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welche die Herzöge mit auswärtigen Fürsten, wie mit aufsässigen Städten,
namentlich dem emporblühenden Braunschweig, auszutragen hatten. Sie hatten
ferner von Rechts wegen teilzunehmen an der Territorialgesetzgebung, die freilich,
wie auch in anderen deutschen Gebieten, bis tief in das 16. Jahrhundert hinein
sich recht unfruchtbar erwies und eigentlich nur in dem bekannten Rezesse des
Herzogs Heinrich des Friedsamen mit der Landschaft vom 17. Mai 1433 eine
Landesordnung von allgemeinerer Bedeutung und zugleich von der wohltätigsten
Wirkung hat entstehen lassen. Vornehmlich aber ward ihr guter Wille an—
gerufen, um die Abgaben und Leistungen verfügbar zu machen, die der Landes-
herr bei der Unzulänglichkeit seiner ordentlichen Einkünfte und bei der wachsen-
den Schuldenlast oft und dringlich in Anspruch zu nehmen gezwungen war.
Abgesehen von gewissen Gefällen und Diensten, die kraft der landes-
herrlichen Vogtei hauptsächlich zur Bestreitung der Kriegskosten erhoben werden
konnten, und die schon früh zu einer regelmäßigen Last geworden zu sein scheinen
(Mai= und Herbstbeden), hatte der Landesherr das Recht zur Auferlegung einer
Schatzung nur als Grundherr, mithin lediglich in Ansehung seiner eigenen
Hintersassen, der Meier und Hörigen auf seinen Hausgliern. Die Hilfeleistung
der Landsassen war daher von ihm bitt weise (petitio „Bede“) anzusprechen 1).
Sie bestand bis zum Ausgang des Mittelalters der vorherrschenden Natural-
wirtschaft entsprechend zumeist in Korn= und Viehlieferungen, die auf dem
platten Lande nach einer allgemeinen Regel je nach Anzahl der Hufen, der
Pflüge, des Viehbestandes umgelegt und nach der Ablieferungszeit (Mai-,
Herbstbeden) oder der Art der Leistung (Kuh= und Haferbeden, Grundbeden)
benannt wurden 2). Die Städte, unter denen Braunschweig schon seit dem
13. Jahrhundert seinen Haushalt mehr und mehr auf Geldwirtschaft zu be-
gründen angefangen und neben Grundzinsen, Kopf= und Vermögenssteuern
auch Verbrauchsabgaben eingeführt hatte, fanden sich wohl mit bestimmten
Summen abz nach ihrem Vorgange erhielten seit Mitte des 15. Jahrhunderts
auch indirekte (Verbrauchs-) Steuern allgemeineren Eingang, darunter zuerst
die Tranksteuer auf das von auswärts eingeführte Bier, die „Bierziese" 3).
Die Ritterschaft war rücksichtlich des selbst bewirtschafteten Eigentums, der
Ritterhufe, soweit es sich um Lasten handelte, die durch den Reichsdienst oder
zum Zweck der Landesverteidigung verursacht wurden, von der Schatzung frei,
weil sie den Heeresdienst unmittelbar zu leisten hatte; sie erlangte aber bei den
außergewöhnlichen Anforderungen, die eine kampferfüllte Zeit an die Lehns-
1) über Ursprung und Wesen der Beden vgl. neben Eichhorn, Deutsche Rechts-
geschichte 1I, § 306 und III, § 324 f., neuerdings besonders: Zeumer, Deutsche
Städtesteuern (in Schmollers Forschungen I, S. 36f.) und Wagner, Finanz-
wissenschaft II, S. 199 f., III, § 32.
*7) Ein Beispiel über die Verteilung einer solchen, im Jahre 1478 neu geord-
neten, indes anscheinend nach gleichem Verhältnis schon seit längerer Zeit aufgelegten
Bede in Nibbentrop, Sammlung der Landtagsabschiede J, Nr. 5 und 6.
:) Ziese, Accise von accisura, Einschnitt, nach der ursprünglichen Verrechnungs-
weise am Kerbhol:.