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mehr infolge der Einführung der Feuerwaffen die Wehreinrichtung sich ver-
änderte und geworbene Söldnerscharen das Lehnsaufgebot der reisigen Mann-
schaft zu ersetzen begannen. Daß es den Ständen in den braunschweigischen
Landen trotz alledem geglückt ist, bis in den Beginn des 17. Jahrhunderts sich
auf der Höhe der errungenen Machtstellung zu behaupten, danken sie im wesent-
lichen der endlosen Kette auswärtiger Verwickelungen, die von der Hildesheimer
Stiftsfehde bis zum Tage von Sievershausen die Regierung des Herzogs
Heinrich des Jüngeren erfüllten, seine Tatkraft von den inneren Zuständen des
Landes abzogen, die Mittel des Staates erschöpften, einen ansehnlichen Teil des
fürstlichen Kammergutes dem Adel in die Hände lieferten und dem Nachfolger
im Regiment die mühevolle Aufgabe zurückließen, durch eine planmäßige und
besonnene, auf die äußerste Sparsamkeit gegründete Verwaltung sein Fürstentum
aus der wirtschaftlichen Zerrüttung wieder emporzuheben. Die Lösung dieser
Aufgabe war ohne die Inanspruchnahme der getreuen Landstände nicht zu ver-
wirklichen, die Beihilfe der Landschaft aber nicht ohne Gegendienste zu haben.
Die Fehden Heinrichs des Jüngeren hatten neue Steuerarten — Hufenschatz,
Scheffelschatz, Schafschatz — entstehen lassen, die Landstände wiederholt zur
Abwendung der Landesnot hohe Summen bewilligt; vom Herzog selbst war „mit
einhelligem Rath des von gemeiner Landschaft verordneten Ausschusses“ 1) in dem
Ausschreiben vom 10. September 1557 auf eine gleichmäßige Verteilung und eine
sichere Erhebung der Steuern Bedacht genommen. Als der Herzog Julius, um die
Mittel zur Tilgung der von seinem Vater überkommenen Schulden zu erlangen,
bald nach seinem Regierungsantritt, am 6. September 1570, einen offenen
Landtag nach Salzdahlum berief und die Tagung im nächsten Jahr zu Bockenem
fortgesetzt wurde, ging das Bestreben der Stände dahin, Erhebung und Ver-
waltung der Steuern in eigene Hand zu bekommen. Ihre Forderung, daß
zu diesem Zweck der bisher auf der Feste Wolfenbüttel aufbewahrte Schatz-
kasten außerhalb des Machtbereichs des Herzogs, in der Stadt Braunschweig
aufgestellt werden möge, fand zwar ungnädige Aufnahme, allein der Herzog
genehmigte doch, daß ein gemeinschaftlicher, zum Teil aus fürstlichen Räten,
zum Teil aus den Ständen zusammengesetzter Ausschuß zur Beaufsichtigung
der bestimmungsgemäßen Verwendung der Schatzungen ernannt und dem fürst-
lichen Rentmeister ein ständischer „Gegenschreiber“ zur Seite gesetzt wurde.
Die von der Landschaft dem Herzog wiederholt zu allgemeinen Landeszwecken,
sowie zur Förderung der neugegründeten Helmstedter Hochschule bewiesene Will-
fährigkeit erhielt Anerkennung durch die feierlich erneute Zusage, sie abgesehen
von Reichshülfe und Fräuleinsteuer hinfliro mit keiner weiteren Steuer und
Schatzung beschweren zu wollen und die geschehenen Verwilligungen allen stän-
dischen Privilegien, Briefen, Freiheiten und Rechten, aufgerichteten Verträgen,
1) Ein solcher Ausschuß wird schon erwähnt in einem Erlaß des Herzogs
Heinrich des Alteren von 1505, dann wiederholt unter Heinrich dem Jüngeren, jedoch
immer nur als für einen einzelnen, bestimmten Zweck, die Erhebung irgend einer
verwilligten Schatung, vorübergehend niedergesetzte Aufsichtsbehörde.