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c) Form der Gesetze.
Die Gesetze sollen im Eingange der erfolgten Zustimmung, oder
des vorher gehörten Gutachtens und Raths der Ständeverfamm-
lung oder des ständischen Ausschusses ausdrücklich Erwähnung thun.
Alle in dieser verfassungsmäßigen Form von dem Landes-
fürsten verkündigten Gesetze müssen von allen Landeseinwohnern,
Behörden und Gerichten befolgt werden!).
1) Vorausgesetzt jedoch, daß zugleich dem Erfordernis des § 155 genühgt
ist. — Der zweite Absatz fehlte im ersten Entwurf und ist bei den vor-
erwähnten Verhandlungen mit der landständischen Kommission vom Minister
v. Schleinitz eingefügt. „Es wird klar ausgesprochen, daß alle Gesetze von
den Gerichten befolgt werden müssen, die unter Mitwirkung des Aus-
schusses oder der Ständeversammlung erlassen sind, d. h. alle ohne Aus-
nahme. Also hier kann nur ein Widerspruch von seiten der Stände ent-
stehen. Hierin liegt aber bei der Ungewißheit, die über diesen Punkt jetzt
herrscht, ein großer Gewinn.“ (Handschriftl. Bemerkungen des Ministers in
den Akten des Herzogl. Staatsministeriums.) Sonach steht dem Richter ein
Prüfungsrecht weder nach der Richtung zu, ob ein nur mit Rat und Gut-
achten der Landesversammlung erlassenes Gesetz der Zustimmung der letzteren,
noch, ob ein mit einfacher Stimmenmehrheit genehmigtes Gesetz seinem Inhalte
nach der im § 141 der N. L.-O. vorgesehenen stärkeren Mehrheit (siehe darüber
Zeitschr. für Rechtspflege, Bd. 42, S. 110 und die dortigen weiteren Aus-
führungen), noch endlich, ob ein mit Zustimmung des Ausschusses erlassenes
Gesetz, das unter die im Landtagsabschied vom 12. Oktober 1832, Absk. 1
bezeichnete Gesetzesgruppe fällt, der Zustimmung der Landesversammlung selbst
bedurft hätte. Das durch die Eingangsformel der Gesetze bekundete Ein-
verständnis der Landesregierung und der Landesvertretung über die Form der
verfassungsmäßigen Mitwirkung der letzteren schließt demnach jede weitere Be-
anstandung der Gültigkeit des Gesetzesinhaltes aus. Allerdings immer nur
unter dem Vorbehalt, daß der Gesetzesinhalt der sachlichen Zuständigkeit der
Landesgesetzgebung Überhaupt unterfällt; die Schranke, die durch die Verfassung
des Deutschen Reiches der Gesetzgebung der Einzelstaaten gezogen ist, kann
begreiflicherweise durch jene Bestimmung nicht durchbrochen werden. — Über-
einstimmend: Otto, Staatsrecht, S. 104, Anm. 2. VUgl. auch Hampe,
Braunschweigisches Partikularrecht, § 5, Anm. 10. Im allgemeinen: Seydel,
Bayerisches Staatsrecht (in Marquardsens Handbuch III, 1, S. 168. —
Auch die Landesversammlung selbst hat in bezug auf ein zwischen der Regie-
rung und dem Ausschuß vereinbartes Gesetz ein Recht der Nachprüfung nicht
in dem Sinne in Anspruch zu nehmen, als ob dadurch die Rechtsverbindlichkeit
des Gesetzes — etwa wegen Unzuständigkeit des Ausschusses — beanstandet