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Kritik des „sündhaften“ Verfahrens des Ministers dem Kommissionsantrage
gegenüber aus, daß durch das Verhalten des Ausschusses nichts verloren sei
und eine Konvokation nicht nur eine gewaltige Aufregung im Lande hervor-
gerufen, sondern bei dem derzeitigen System und der Gewalt der Regierung
geradezu ein Todesurteil für die politischen Zustände des Herzogtums abgegeben
haben würde. Er schloß mit dem Gegenantrag, die Versammlung möge sich
dahin erklären, daß die Verfassung zwar verletzt und verhöhnt sei, der Aus-
schuß aber durch den Aufschub der Konvokation das wahre wohlverstandene
Interesse des Landes gewahrt und die Rechte der Ständeversammlung durch die
erlassene Protestation gesichert habe. Da die Erörterungen bald auf das per-
sönliche Gebiet hinüberführten und eine bedenkliche Erregung der Gemüter her-
vortreten ließen, so mahnte v. Cramm-Sambleben angesichts der dem Landtage
bevorstehenden hohen Aufgaben zur Eintracht und gab zu deren Beförderung
unter Beifall der Versammlung und mit Erfolg anheim, von der Abstimmung
über den Antrag der Kommission abzusehen, wogegen Trieps dann seinen
Gegenantrag zurückzog. Inzwischen hatte die Regierung zum Ausgleich die
Hand geboten, für den Fall einer etwaigen Erneuerung der Etappenkonvention
mit Preußen die Inanspruchnahme der Mitwirkung der Ständeversammlung
zugesagt, tunlichste Ersparungen am Militäretat für die nächste Finanzperiode
in Aussicht gestellt und diejenigen Mehrausgaben dieses Etats, welche die Zu-
stimmung der Stände auf dem letzten Landtage nicht gefunden hatten, in einer
neuen Vorlage ausführlich begründet. In der Sitzung vom 16. August 1848
wurden sie nebst einer durch Erhöhung der Preise für Fourage und Lebensmittel
hervorgerufenen Nachforderung vorläufig bewilligt; die Justifikation der ge-
samten Mehrausgaben blieb dem nächsten ordentlichen Landtage vorbehalten.
In dieser Hinsicht sind Weiterungen nicht mehr entstanden, dagegen griff
man auf dem folgenden Landtage bei der Beratung des Staatshaushalts wieder
auf die Frage zurück, ob gegen den in Ruhestand versetzten, aber nebenamtlich
(als Präsident des Konsistoriums) nachträglich wieder beschäftigten Staatsminister
Schulz die Anklage wegen Verfassungsverletzung noch zu erheben sei, und
setzte zu ihrer näheren Prüfung eine besondere Kommission ein (Sitzung vom
22. Mai 1849). Die Kommission berichtete darüber in verneinendem Sinne.
Sie war der Ansicht, das von der Regierung gewählte Verfahren verstoße mehr
in der Form als der Sache nach gegen die Verfassung, und die Frage, ob da-
durch (wie der § 108 der N. L.-O. voraussetze) eine „auf den vorliegenden
Fall unzweifelhaft anwendbare Bestimmung des Landesgrundgesetzes“ verletzt
sei, könne einer verschiedenen Beurteilung unterliegen. Auch meinte sie, daß
man bei den Verhandlungen vom 22. April 1848 auf das Recht der Anklage
tatsächlich schon Verzicht geleistet habe, und riet um so mehr zum Frieden, als
alle früheren Streitpunkte inzwischen längst gütlich erledigt seien. Als dieser
Bericht erstattet wurde (14. Oktober 1851), war seit der Einsetzung der Kom-
mission eine Zeit von mehr als zwei Jahren verstrichen und in der Lage der
öffentlichen Verhältnisse ein bedentungsvoller Umschwung eingetreten. Der An-
trag der Kommission, in Beziehung auf den Erlaß des Finanzgesetzes vom
Rbamm, Verfassungsgesetze. 2. Aufl. 18