Full text: Die Verfassungsgesetze des Herzogtums Braunschweig.

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überschüsse neben dem Verbrauch der vereinbarten und durchweg den Anforde- 
rungen der Regierung entsprechend bemessenen Reservefonds nicht für zulässig 
zu halten. Ein freies Verfügungsrecht über die Ersparnisse der Vorjahre 
konnte hin und wieder Verausgabungen im Gefolge haben, über deren 
Notwendigkeit oder Angemessenheit sich hätte streiten lassen, und es führte gegen- 
über den mit der Landesversammlung vereinbarten Spezialetats zu den erheb- 
lichsten Verschiebungen. Auch war das eingeschlagene Verfahren wohl schwer- 
lich mit den Bestimmungen des Landesgrundgesetzes in Einklang zu bringen. 
Denn die Aufstellung und Bewilligung der Etats erfolgt für die Dauer nur 
einer Finanzperiode; die der Regierung nach § 185 der N. L.-O. zustehenden 
Befugnisse finden daher mit dem Ablauf der jeweiligen Finanzperiode ihre zeit- 
liche Grenze. Erweist sich die etatmäßig verfügbare Kapitelsumme unzureichend 
zur Deckung der vorgesehenen, wie unaufschiebbarer weiterer Ausgaben, so 
bietet, von bestimmten Ausnahmefällen abgesehen, das Ausgleichskapitel „Extra- 
ordinär“ die Mittel zur Ergänzung des Fehlenden, vorbehältlich der Genehmi- 
gung der Etatüberschreitung seitens der Landesvertretung. Ergeben sich da- 
gegen Überschüsse, so fehlt es an einem verfassungsmäßigen Anhalt für die 
Auffassung, daß jene Beträge ipso jure zu anderweiter Verwendung für gleich- 
artige Zwecke frei werden, anstatt daß sie als „extraordinäre Einnahmen“ dem 
Etat wieder zugehen. Es liegt kein Grund vor, das Ausgabekapitel „Bauten“ 
in dieser Hinsicht unter andere Gesichtspunkte zu stellen, als die übrigen Etat- 
kapitel. 
Von diesen Erwägungen aus und in der Erkenntnis, daß die Forderung 
der Unübertragbarkeit der für Bauten ausgeworfenen Etatansätze doch in voller 
Schärfe sich nicht durchführen lasse, vielmehr innerhalb zeitlich fest zu be- 
stimmender Grenzen eine gewisse Rücksichtnahme auf das Gebot der Zweck- 
mäßigkeit erfordere, einigte sich der Ausschuß in seiner Sitzung vom 23. März 
1901 über folgende Grundsätze: 
1. Wenn Bauten, zu deren Ausführung die Mittel etatmäßig bewilligt 
sind, nicht längstens innerhalb der nächsten Finanzperiode zur Aus- 
führung gelangen, so ist der dafür ausgesetzte Betrag nicht als noch zur Ver- 
fügung stehend zurückzuhalten, sondern als extraordinäre Einnahme aus den 
Vorjahren dem Staatshaushaltsetat — etwa unter Einnahmekapitel 9 (Extra- 
ordinär) — wieder zuzuführen. 
2. In gleicher Weise sind Ersparnisse, die dadurch entstehen, daß einzelne 
der für die Finanzperiode etatisierten Bauten überhaupt nicht oder doch unter 
Aufwendung geringerer Kosten zur Ausführung gebracht sind, nur für einen 
etwaigen dringenden Mehrbedarf der nämlichen Finanzperiode nach Maßgabe 
des § 185 der N. L.-O. zu verwenden, nicht aber für bauliche Zwecke späterer 
Finanzperioden zurückzuhalten und nutzbar zu machen, sondern gleichfalls als 
ertraordinäre Einnahmen der Vorjahre in den Etat wieder einzustellen. 
3. Verwendungen aus dem Erlöse von Materialien zu Bauzwecken neben 
den für diese etatisierten Summen bedürfen der Ermächtigung der Landes- 
versammlung.
	        
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