Full text: Die Verfassungsgesetze des Herzogtums Braunschweig.

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Deutung einer beabsichtigten Bestrafung zuließen. Unter dem frischen Eindruck 
dieser Maßregelungen ersetzten die Neuwahlen des Jahres 1842 die der Stände- 
versammlung bisher angehörigen Staatsdiener größtenteils durch Abgeordnete 
in unabhängiger Stellung und von entschieden freisinniger Färbung, so daß die 
Regierung fortan mit einer an Zahl und Bedeutung erheblich verstärkten 
Gegnerschaft zu rechnen hatte, während ihr zugleich auf konservativer Seite eine 
zuverlässige Stütze nicht zur Verfügung stand. Am wenigsten in der Ritter- 
schaft, die, mit dem freieren Zuge der neueren Gesetzgebung wenig zufrieden 
und gereizt durch die entschiedene Abweisung, welche ihrem Begehren der Wieder- 
herstellung ihrer alten korporativen Rechte und Freiheiten trotz ihrer Immediat- 
eingaben an den Herzog selbst zu wiederholten Malen widerfahren war, das 
Ministerium offen befehdete und, soweit in der Ständeversammlung vertreten, 
keineswegs abgeneigt schien, zu dessen Sturze 1) selbst mit der radikalen Seite 
des Hauses engere Fühlung zu nehmen. 
Doch verlief der nächste Landtag (1842 bis 1845) glimpflicher, als man 
hätte erwarten sollen. Es fehlte zwar wiederum nicht an scharfen Angriffen 
gegen die Staatsverwaltung, man unterzog den Militäretat der abfälligsten, in 
einigen Hinsichten wohl nicht unberechtigten Kritik, forderte den sofortigen Erlaß 
eines Gesetzes über das Normaldiensteinkommen und die Pension der Offiziere 
und Militärbeamten, und man setzte eine besondere Kommission ein zur Prüfung 
der Frage, wie unbeschadet der landesfürstlichen Militärhoheit und der Bundes- 
beschlüsse Ersparnisse im Militärwesen in Zukunft zu ermöglichen seien. Aber 
ein von ritterschaftlicher Seite ausgehender Antrag auf Abstrich einer namhaften 
Summe vom Militäretat ward doch abgelehnt, und als sich am Schluß der 
Finanzperiode wieder einmal eine ansehnliche Fehlsumme (230 000 Taler) des 
Staatshaushaltsetats ergeben hatte, verständigte man sich mit dem Ministerium 
dahin, sie durch Einschränkungen der laufenden Amortisation der Kammer- 
schulden, durch stärkere Inanspruchnahme der Hauptfinanzkasse und durch Zurück- 
stellung einiger schon verwilligter Ausgaben für Bauten zu decken (Landtags- 
abschied vom 6. Mai 1845, Nr. 21, Art. 4). 
Allein die politischen Gegensätze blieben unausgeglichen. Überall in den 
deutschen Landen war um diese Zeit die Gärung im Wachsen begriffen; die 
Führer der radikalen Partei trugen Sorge dafür, daß sie auch im Herzogtum 
nicht zum Stillstand kam. So bedurfte es denn auf dem Landtage von 1846 
eines verhältnismäßig recht geringfügigen Anlasses, um einen „Verfassungs- 
konflikt“ heraufzubeschwören. Die Streitpunkte 2) bildeten der Abschluß einer 
Etappenkonvention mit Preußen, die nach Ansicht der Stände ihrer Genehmigung 
bedurft haben würde, und einige Ansätze des Militäretats, deren Bewilligung 
versagt worden war. Als nach Schluß des Landtages die Regierung einseitig 
ein Finanzgesetz erließ, das sich übrigens nur auf die von der Ständeversamm- 
  
1) Wenigstens der beiden Minister v. Schleinitz und Schulz. Der Vorsitzende 
des Ministeriums, Staatsminister (und Oberjägermeister) Graf v. Veltheim, führte 
nur dem Namen nach die Leitung der Geschäfte. 
*) Näheres über Anlaß und Verlauf dieser Vorgänge s. § 185, Anm. 3.
	        
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