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bereits den Antagonismus der romanischen und der
germanischen Völker vor, — Jene ohne gemeinsame Ab—
stammung, lediglich durch die römische Sprache und Kultur
zusammengehalten, — Diese von gemeinsamer Abkunft, noch
frisch an Kraft, noch unangefressen durch die Überfeinerung
und Entartung der römischen Sitten und Unsitten. Es
konnte nicht fehlen, daß das Christentum bei den Romanen
und Germanen ebenso verschiedene Gestaltungen annahm,
wie dies bei den Völkern von griechischer Sprache und
Kultur im Osten Europa's und in Vorderasien der Fall
war. Während jedoch Letztere ein abgeschlossenes Gebiet
bewohnten, lebten Germanen und Romanen seit der großen
Völkerwanderung nicht nur hart neben, sondern zum Teil
auch untereinander. Soweit dies letztere der Fall war,
durchdrangen sich natürlich germanische und romanische Auf-
fassung des Christentums; soweit aber beide Stämme ge-
sondert wohnten, machte sich die besondere Auffassung beider
mehr geltend. Im skandinavischen Norden erhielten sich
die Erinnerungen an das germanische Heidentum noch lange,
und noch unter der Herrschaft des Christentums wurden
sie in der Edda gesammelt. In Deutschland wurden
diese Erinnerungen durch die romanischen Apostel, besonders
durch den romanisierten Angelsachsen Bonifatius, bis auf
wenige Reste, die sich in die heimliche Welt des Märchens
und der Volksgebräuche flüchteten, zerstört; dennoch blieben
die Benennungen der meisten Wochentage nach den alten
Asen im Gebrauche. Ebenso behielten in den romanischen
Ländern die Wochentage die Namen der römischen Götter,
und zwar mit Zustimmung der Kirche, und blieben römische
Sitten vielfach mit christlicher Färbung bestehen.
Seitdem der große Kaiser Karl, ungeachtet mancher
Blößen einer der hervorragendsten Kulturhelden in der Welt-
geschichte, den altgermanischen Überlieferungen seine Auf-
merksamkeit zuwandte, hatten dieselben, unbeirrt durch seines