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Sprache zu sprechen und in ihr Gedichte zu verfertigen.
Die Jesuiten stellen die griechischen und lateinischen Werke
der Kirchenväter denjenigen des klassischen Altertums gleich.
Die übrigen Lehrgegenstände, außer den alten Sprachen,
faßten die Jesuiten unter dem Titel „Erudition“ zusammen,
— ein Sammelsurium von allen möglichen, ohne Ordnung
zusammengeworfenen Anekdoten und Notizen aus den ver-
schiedensten Wissenschaften. Einen naturwissenschaftlichen
Unterricht kannten die Jesuitenschulen bis zum Jahre 1832
nicht, und ein solcher wird erst seitdem, aber auf religiöse
Weise und keineswegs erschöpfend oder systematisch erteilt.
Einen historischen Unterricht geben sie noch jetzt nur in
einseitig kirchlicher Weise, nicht als selbständiges Fach.
Die Studia superiora bestehen aus einem zwei= oder
dreijährigen „philosophischen“ und einem auf diesen fol-
genden vierjährigen theologischen Kurfus. In der Philoso-
phie hält man sich an Aristoteles, „soweit dieser nicht gegen
die Kirchenlehre verstößt,“ und sucht namentlich die gegen
den „wahren Glauben“ gerichteten philosophischen Systeme
zu widerlegen. In der Wahl zwischen verschiedenen Mein-
ungen muß stets die Theologie voranleuchten. In der
Mathematik und Physik hielt man sich bis 1832 an Euklid,
beschränkte sich aber darin auf das, „was die Schüler gerne
hören.“ Jetzt allerdings wird das Fach in modernerer Weise
gelehrt. In der Theologie ist die Vulgata die Grundlage;
das Original und weitere Übersetzungen der Bibel fallen
nmur zu Zwecken der Vergleichung in Berücksichtigung. In
der Kirchengeschichte muß nachgewiesen werden, daß die Rechte
der Kirche und ihres Hauptes auf uraltem Herkommen be-
ruhen. Die übrigen Teile der Theologie beruhen ganz auf
Thomas von Aquino, dessen Ansicht entweder verteidigt
oder die Frage übergangen werden soll.
Abgesehen nun davon, daß schon die allzu häufigen
Andachtübungen und Exerzitien der Jesuiten die wissen-