Full text: Die Gebrechen und Sünden der Sittenpolizei aller Zeiten, vorzüglich der Gegenwart.

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besuchs von der Schule weggejagt, was großes Aufsehen in 
der Stadt erregte. 
5. Deutschland. 
Berlin erhielt im Jahre 1792, in Folge der allseitigen 
Entwickelung seiner Verhältnisse, ein neues Bordellreglement, 
und gleichzeitig wurde auch eine „Heilungskasse“ für Prosti- 
tuierte gegründet, in welche Jede dieser Unglücklichen einen 
monatlichen Beitrag zu legen hatte. Im Jahre 1795 hatte 
die preußische Hauptstadt auf 173,000 Einwohner bereits 
257 polizeilich eingezeichnete öffentliche Dirnen und auf 
6660 Häuser 54 Tempel der Venus. Die französische In- 
vasion von 1806 verschlimmerte diese Verhältnisse noch be- 
deutend, und seit dieser Zeit wurde auch über Zunahme der 
Syphilis geklagt. Die Franzosen, nach welchen das Volk 
diese Krankheit stets benennt, und die ohne Zweifel das 
Meiste zu ihrer Verbreitung beigetragen, waren so naiv, 
sich bei den preußischen Behörden darüber zu beklagen. 
Die in Folge dessen vorgenommene Untersuchung ergab unter 
der auf 150,000 Seelen herabgesunkenen Bevölkerung Berlins 
433 eingeschriebene und 764 nicht eingeschriebene Dirnen! 
Nachdem die Invasion aufgehört, nahm auch die Prostitution 
in Berlin wieder ab. Im Jahre 1810 waren die Bordelle 
auf 43 vermindert; aber noch wütete die Syphilis arg, 
besonders in der preußischen Armee. Unter solchen Umständen 
erhob sich starke Opposition gegen die Duldung von Bordellen, 
welcher der König 1809 so weit folgte, daß er diese Anstalten 
aus allen stark besuchten Straßen verbannte, und die Stadt- 
verordneten erklärten die Bordellwirte des Bürgerrechtes 
verlustig. Seit 1810 wurden denn auch keine Konzessionen 
mehr zur Errichtung von derlei Anstalten erteilt. Hartnäckig
	        
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